Die Schweiz und die EU haben eine lange Geschichte von Verhandlungen, Abkommen und Konflikten.
Schweiz - EU-Abkommen
Fähnchen der EU und der Schweiz stehen im Nationalratssaal. (Archivbild) - dpa

Die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU sowie ihrer Vorgängerorganisationen haben sich in den vergangenen rund fünfzig Jahren stets entwickelt. In einem ersten Schritt verhandelte die Schweiz als Mitglied des Staatenbunds Efta, bis das Volk im Jahr 1992 den Beitritt zum EWR ablehnte und so den bilateralen Weg einleitete.

Im Sommer 1972 unterzeichnete Bundesrat Ernst Brugger in Brüssel mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) – Vorgängerin der EU – ein Freihandelsabkommen. Die Verhandlungen wurden gemeinsam mit Schweden, Österreich, Portugal und Island – damals alle Mitglieder der Europäischen Freihandelsassoziation (Efta) – zu Ende gebracht.

Das Abkommen stelle einen entscheidenden Schritt in den Bemühungen der Schweiz dar, an der Integration Europas mitzuarbeiten, kommentierte damals Brugger den Verhandlungsabschluss. Auf eine engere Anbindung an der EWG habe die Schweiz verzichtet, um die direkte Demokratie, die parlamentarischen Befugnisse und die neutrale Aussenpolitik zu bewahren.

Ende 1972 stimmte die Schweizer Stimmbevölkerung mit 72,5 Prozent dem Abkommen zu. Dieses trat am 1. Januar 1973 in Kraft. Die Freihandelsassoziation befreite über neunzig Prozent der Schweizer Exporte in die EWG von Zöllen.

Vom EWR-Beitritt zur bilateralen Verhandlung

Zu Beginn der 90er-Jahre nahmen die Efta und die EU Verhandlungen zur Schaffung des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) auf. Dieser umfasst hauptsächlich die vier Grundpfeiler: freier Waren-, Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr. Im Mai 1992 wurde ein Abkommen unterzeichnet, das 1994 in Kraft trat, jedoch nicht in der Schweiz.

Die Stimmbevölkerung lehnte im Dezember 1992 einen EWR-Beitritt mit einem Nein-Stimmen-Anteil von 50,3 Prozent ab. Die Vorlage scheiterte auch am Ständemehr. Anführer der Gegner war der Zürcher Nationalrat Christoph Blocher und seine Partei, die SVP. Bundesrat Jean-Pascal Delamuraz sprach von einem «schwarzen Sonntag».

Seither verhandelt die Schweiz bilateral und nach Sektoren mit der EU. Im Sommer 1999 unterzeichneten beide Parteien in Luxemburg sieben Abkommen, welche den Land- und Luftverkehr, die Personenfreizügigkeit, die Landwirtschaft, die Forschung, das öffentliche Beschaffungswesen und die technischen Handelshemmnisse betreffen.

Im Mai 2000 stimmten 67,2 Prozent der Schweizer Stimmberechtigten den Bilateralen I zu. Die Schweiz habe damit einen wichtigen Schritt ins 21. Jahrhundert getan, kommentierte Bundesrat Joseph Deiss das Resultat am Abstimmungssonntag.

Bilaterale II und die Zukunft der Beziehungen

Vier Jahre später folgten die Bilateralen II. Diese umfassen verschiedene Bereiche wie Bildung, Statistik, Umwelt und Schengen/Dublin. Abgestimmt wurde im Juni 2005 lediglich über die Schengen/Dublin-Verträge, welche die Personenfreizügigkeit und das Asylwesen betreffen. Die Stimmbevölkerung sagte dazu mit 54,6 Prozent Ja.

In den 2010er- und Anfang der 2020er-Jahre verhandelte der Bundesrat mit der EU um ein Rahmenabkommen. Dieses hätte die institutionellen Fragen klären sowie einen gemeinsamen Mechanismus zur Übernahme von EU-Recht und zur Streitbeilegung einführen sollen. Im Mai 2021 brach der Bundesrat die Verhandlungen ab. Als Grund gab die Regierung «substanzielle Differenzen» an.

Daraufhin führten der Bundesrat und die EU-Kommission Sondierungsgespräche durch. Ein institutionelles Dach wurde aufgegeben, um erneut sektorielle Verhandlungen aufzunehmen. Nach einer Konsultation im Winter 2023/2024 verabschiedet der Bundesrat nun ein Verhandlungsmandat. Gewisse schweizerische Interessengruppen sprechen bereits von «Bilateralen III».

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