Deutscher jammert über Schweizer Glacé-Preise – und wird belehrt
Ein deutscher Tourist regt sich online über die Schweizer Glacé-Preise auf. Eine Nachfrage bei Schweizer Glacé-Herstellern zeigt: Der Preis ist gerechtfertigt.

Das Wichtigste in Kürze
- Auf Facebook regt sich ein deutscher Tourist über die Schweizer Glacé-Preise auf.
- Der Deutschland-Schweiz-Vergleich nervt viele in den Kommentaren.
- Schweizer Glacé-Hersteller rechtfertigen die Preise mit qualitativ hochstehenden Zutaten.
Vier Franken für eine Kugel Glacé — das könne sich doch kein Mensch mehr leisten. Der deutsche Food-Influencer (über fünf Millionen Follower), der den Facebook-Beitrag verfasst hat, scheint geradezu fassungslos.

Auf dem Foto im Fokus: ein Preisschild des Schweizer Glacé-Herstellers «Kalte Lust».
Während man für eine Kugel vier Franken zahlt, sind es bei zwei Kugeln 7.50 Franken. Für drei Kugeln legt man an diesem Standort elf Franken auf den Tisch.
Schweiz-Deutschland-Vergleiche nerven Nutzer
Doch: In den knapp 400 Kommentaren des Beitrags wird der Preis grösstenteils verteidigt. Offenbar gehen die Geschmäcker nicht nur bei der Glacé-Sorte, sondern auch bei der Preisgestaltung auseinander.
«Bei so einer Aussicht würde ich auch fünf zahlen! Super und geschmeckt hat es bestimmt auch richtig gut!», schreibt eine Nutzerin.
Eine andere Nutzerin belehrt den Influencer: «Immer diese Vergleiche CH / D. Euch ist schon bewusst, dass unsere Löhne, Mieten usw. auch höher sind.»
Ein dritter klärt auf: «Qualität kostet. Und wer das nicht schätzt, lässt es halt bleiben. Das ewige Preisvergleichen von Schweiz – Deutschland nervt.»
«Kalte Lust» weiss vom Beitrag
«Wir erleben selten bis gar nie, dass Touristen oder Einheimische überrascht sind», sagt Patricia Müller von «Kalte Lust» gegenüber Nau.ch.
Den meisten sei bewusst, dass die Schweiz ein hochpreisiges Land ist. Sie empfänden deshalb die Glacé-Preise als fair.
Vor allem im «Kalte Lust»-Chalet in Grindelwald seien viele Touristen überrascht, wie preiswert das Glacé ist.

Bei den Glacés setze sich der Preis aus hochwertigen Zutaten, Bio- und Fair-Standards zusammen. Dazu kommen faire Löhne für die Mitarbeitenden und Produzenten.
Für die Rahmglacés werde ausschliesslich Bio-Jersey-Milch verwendet. Im Standardsortiment setze man auf hochwertige Zutaten, die in der Schweiz angebaut werden.
Und: Glacé ist ein saisonales Produkt. «In rund fünf Monaten muss rund 80 Prozent des Jahresumsatzes erwirtschaftet werden», erzählt Müller. Trotzdem wolle man daraus keinen Luxusartikel machen.
Gelateria di Berna rechtfertigt Preis
Hansmartin Amrein, Mitgründer der trendigen Gelateria di Berna, sagt gegenüber Nau.ch, dass hauptsächlich deutsche Touristen von den Glacé-Preisen überrascht seien.
Vier Franken koste bei ihnen eine normale Portion, die etwa zwei Kugeln entspreche. Eine kleine Preiserhöhung von 50 Rappen habe es kürzlich gegeben, weil alle Zutaten teurer wurden.
Den Kompromiss mit günstigeren Zutaten wolle man jedoch nicht machen. Es kommen trotzdem nur die besten Bio-Rohstoffe in das Glacé.

Angesprochen auf den Facebook-Beitrag und die Vergleiche zwischen der Schweiz und Deutschland, hat der Unternehmer eine klare Meinung.
Man müsse es mit gleicher Qualität vergleichen. Viele «hausgemachte» Produkte würden einfach mit halbfertigen Mischungen angerührt werden.
«Der Durchschnittsgast bemerkt den Unterschied eben nicht», sagt Amrein. «Die Produkte der Gelateria di Berna kann man nicht mit Industrieprodukten vergleichen.» Man würde die Rezepte von A bis Z selbst machen.
Die Qualität der Rohstoffe sei zielführend: «Wenn die Zwetschgen noch nicht reif sind, gibt es bei uns eben noch keine Zwetschgen-Glacé», sagt er.
«Sepp’s Glace» verkauft Glücksmomente
Auch die Glacé-Manufaktur «Sepp’s Glace» erlebt öfters überraschte Gäste aus dem Ausland, die sich günstigere Preise gewohnt sind.
Eine Portion à zwei Kugeln koste 4.60 Franken für Sorbets, 4.90 Franken für Milchglacé, sagt CEO Christian Enzler.
Einheimische würden das Schweizer Preisniveau kennen und eher die Qualität vergleichen. «Zudem verkaufen wir ja auch Glücksmomente mit unserer Glaces!», sagt Enzler stolz.

Auf die Frage, welche Faktoren zur Preisgestaltung beitragen, nennt der CEO ähnliche Gründe wie «Kalte Lust». Verschiedene Zertifikate sowie die eigens entwickelten Verpackungen würden Mehrkosten verursachen — man biete damit aber auch Komfort und Nachhaltigkeit.
Der Schweizer Familienbetrieb weiss: In der Schweiz reflektiert der Preis nicht nur das Glacé selbst. Sondern auch die regionalen Rohstoffe, die hohen Hygienestandards, die nachhaltige Verpackung und die Handwerkskunst.