Der Roman «Die hängende Säge» macht mit Bildern Unsagbares fassbar
Alice Schmid veröffentlicht ihren zweiten Roman «Die hängende Säge», eine bewegende Geschichte über ein schweres Thema.

Im ihren zweiten Roman widmet sich die Luzerner Autorin und Filmemacherin Alice Schmid einem schweren Thema. «Die hängende Säge» nähert sich diesem mit bildhafter Sprache und ohne Klischees an. Es ist ein besonderer Tonfall, den Alice Schmid in ihrem neuen Roman «Die hängende Säge» anschlägt. Staccatoartige, manchmal lakonische Sätze, die scheinbar nicht zum Ungeheuerlichen passen wollen: Es geht um die 15-jährige Lilly, eine Bauerntochter.
Ein dunkles Geheimnis kommt ans Licht
Sie wird in den 1960er-Jahren als Au-pair in ein Kinderheim nach Belgien geschickt. Denn die Eltern wissen nicht mehr, wie weiter mit ihr. Sie hat von einem Tag auf den anderen aufgehört zu sprechen. Was an dem Tag passiert ist, als Lilly die Sprache verlor, weiss das unerfahrene Mädchen zuerst selbst nicht so genau.
Lilly wurde im Sportlager von ihrem Turnlehrer vergewaltigt. Fern von Zuhause findet sie ihre Sprache auf Französisch wieder und beginnt zu verstehen, was mit ihr passiert ist. «Die hängende Säge» liest sich für das schwere Thema erstaunlich leicht. Mit ihrer klischeefreien, bildhaften Sprache deutet Alice Schmid vieles nur an und weist doch über das Geschriebene hinaus.
Lillys Rückkehr und ihre unaussprechliche Last
Das ist kein Zufall: Schmid ist auch Filmemacherin. Bekannt wurde sie mit dem Kinofilm «Die Kinder vom Napf» (2011). Für «Burning Memories» wurde ihr 2021 der Schweizer Filmpreis verliehen.
«Die hängende Säge» ist der zweite Roman der 1951 in Luzern geborenen Autorin. Alice Schmid lebt heute im Entlebuch. Und hierhin kehrt auch ihre Protagonistin Lilly nach dem Au-pair-Jahr zurück, gestärkt und gereift.
Doch während sich für die junge Frau vieles verändert hat, ist in der alten Heimat die Zeit stehen geblieben. Lilly spricht nun wieder, doch vieles ist für sie immer noch unsagbar. Und so zieht es Lilly immer wieder hinaus, weg aus der drückenden Enge.*
* Dieser Text von Maria Künzli wurde mithilfe der Gottlieb und Hans Vogt-Stiftung realisiert.