Der letzte Entscheid
Das Wichtigste in Kürze
- Sterbefasten ist eine Alternative zu Sterbehilfe.
- Wenn Betroffene weder essen, noch trinken, werden sie immer müder und schlafen nach etwa zehn Tagen für immer ein.
- Eine Patientenverfügung ist dafür nicht nötig.
Sterbehilfeorganisationen wie Exit sind dann eine Möglichkeit. Das terminierende Fasten eine andere. «82 Prozent aller Todesfälle finden heute schon so statt, dass man auf gewisse Dinge verzichtet», sagt Dr. Albert Wettstein. Er war Zürcher Kantonsarzt und ist in der Schweiz ein Pionier im Bereich Sterbefasten. «Man behandelt eine Lungenentzündung nicht mehr, setzt Medikamente ab oder entscheidet sich gegen eine letzte Chemo. Auf Essen und Trinken zu verzichten, ist nur eine weitere Methode, um selbstbestimmt und doch natürlich sterben zu dürfen», sagt Wettstein.
Der Tod tritt nach 10 Tagen ein
Beim Sterbefasten hören Menschen bewusst auf zu Essen oder zu trinken. «Der Tod tritt dann etwa 10 Tage später ein.» Je kräftiger ein Körper zu Beginn des Fastens noch ist, desto länger dauert es, bis keine Flüssigkeit mehr bleibt und das Blut einzudicken beginnt. «Der Patient wird erst sehr müde, schläft immer länger und öfter und wacht irgendwann nicht mehr auf», erklärt der Arzt. Weder Hunger, noch Durst plage die Betroffenen, «im Gegenteil: In Pflegeheimen müssen alte Menschen oft zum Essen und Trinken angehalten werden. Besonders das Durst-Gefühl verschwindet mit dem Alter.» Wichtig sei eine gute Mundhygiene durch das Pflegepersonal und allenfalls ein Befeuchten des Mundes mit einem Luftbefeuchter, «damit die Zunge nicht austrocknet».
Bei einer Studie wurde das Ableben von Menschen, die mit Sterbehilfe aus dem Leben schieden, und solchen, die sich für das Sterbefasten entschieden hatten, verglichen. Letztere seien ruhiger und friedlicher gegangen, sagte das Pflegepersonal. Man habe einen «inneren Frieden» wahrnehmen können.
«Ausscheidungen sind für Sterbende oft sehr unangenehm. Wer aber nichts mehr isst und trinkt, bei dem muss auch nichts mehr raus», sagt Wettstein. Ein praktischer Aspekt des Sterbefastens.
Braucht es eine Patientenverfügung?
Braucht es für das Sterbefasten eine Patientenverfügung? Wettstein schüttelt den Kopf. Am besten, man notiere diesen Willen und unterschreibe die Zeilen. «Oder man spricht mit seinen Angehörigen und dem Pflegepersonal.» Doch was, wenn das nicht mehr möglich ist? «Wenn jemand den Mund nicht mehr öffnet, gilt das als klarer Wille zum Tod.» Denn selbst bei einer weit fortgeschrittenen Demenz geht man davon aus, dass der geschlossene Mund ein klares Urteil bedeutet. «Jemanden gegen seinen Willen zu ernähren, gilt als Folter», sagt Wettstein.
Sich an’s Ende zu hungern, bekommt nicht Allen. «Das Sterbefasten wird romantisiert. Der Begriff ist beschönigend. Es ist kein Fasten. Es ist Sterben», sagt etwa Heike Gudat, Chefärztin eines Hospizes in Arlesheim zur Aargauer Zeitung.