Auf Tiktok werden Frauen gefeiert, die sogenannte «Legging Legs» haben – also eine Lücke zwischen den Oberschenkeln. Eine Expertin kritisiert den Trend scharf.
Leggings
Diese Lücke zwischen den Beinen von schlanken Frauen gilt auf Tiktok als Schönheitsideal – eine Expertin warnt. - pexels

Das Wichtigste in Kürze

  • «Legging Legs» haben Frauen mit einer Lücke zwischen den Oberschenkeln.
  • Der Schlankheitstrend ist gefährlich, warnen Experten. Auf Tiktok ist er darum verboten.
  • Solche detaillierten Schönheitsideale können junge Frauen in eine Essstörung treiben.
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«Habe ich ‹Legging Legs›?» Das dürften sich zuletzt viele junge Frauen gefragt haben. Auf Tiktok wurden die «Leggings-Beine» nämlich derart zum Thema, dass der Begriff mittlerweile verboten wurde.

Was steckt dahinter? In den 2010er-Jahren sehnten sich viele Teenager danach, eine sogenannte «Thigh Gap» – eine Oberschenkellücke – zu besitzen. Extrem dünne Beine wurden als Beauty-Ideal verkauft.

Der Trend sorgte schon damals für Kritik. Trotzdem findet das Schönheitsideal seinen Weg nun zurück in die Trends. «Legging Legs» und «Thigh Gaps» sind nämlich dasselbe, nur mit anderen Namen. Die neue Bezeichnung kommt daher, dass laut Tiktok Frauen am besten in Leggings aussehen, wenn sie eine solche Lücke haben.

Expertin warnt vor Essstörungsgefahr

Auch diesmal ist die Empörung gross. Auf Tiktok ist der Begriff inzwischen verboten. Die Kritik: «Legging Legs» als Schönheitsideal zu verkaufen, ist gefährlich.

Auch die Schweizer Psychotherapeutin Veronica Defièbre, die mit essgestörten Frauen arbeitet, schüttelt den Kopf. «Ich halte von allen Trends, die Vorgaben machen, was ein schöner Körper ist, nicht viel», sagt sie zu Nau.ch.

«Junge Frauen haben ohnehin Mühe mit den Veränderungen ihrer Körper während der Pubertät. Da ist es doppelt belastend und verwirrend, wenn derart detaillierte Schönheitsideale vermittelt werden.»

Lassen Sie sich von Schönheitsidealen im Internet beeinflussen?

«Legging Legs» würden vor allem junge Frauen beeinflussen, die noch in der Identitätsfindung stecken. Das ist gefährlich – denn: «Solche Trends können bei diesen Personen dazu führen, dass sie hungern oder gar in eine Essstörung abrutschen.» Das hätten bereits unzählige Fälle von essgestörten Frauen gezeigt, die Schlankheitsidealen folgen wollten.

Defièbre vermutet zudem, dass die Oberschenkellücke für bestimmte Menschen nur mit deutlicher Gewichtsabnahme zu erreichen ist. «Ich denke, die Hüftbreite und die Form der Oberschenkel haben auch einen Einfluss auf die ‹Thigh Gap›.»

Sie wisse von Patientinnen und Patienten mit Magersucht, dass sie diese Oberschenkellücke bewusst anstreben. «Sie möchten ihren Körper so wenig wie möglich spüren. Das Reiben der Oberschenkel aneinander empfinden sie deshalb als sehr unangenehm.»

Frauen lassen sich schon mit Anfang 20 operieren

Vor zehn, 15 Jahren waren es also die «Thigh Gaps», heute die «Legging Legs». Hat die Body-Positivity-Bewegung etwa gar nichts gebracht? «Ich denke, dass ‹Body Posivity› eine sehr schöne und wünschenswerte Entwicklung ist. Aber sie ist eben nur eine von vielen rund um den Körper», so die Expertin.

Es gebe nach wie vor teils immer extremer werdende Körperkulte. «Teilweise werden nur durchtrainierte Körper als schön angesehen.» So wie sie das wahrnehme, seien diese Trends nie wirklich zurückgegangen.

Legging
Wer keine Lücke zwischen den Oberschenkeln hat, hat laut Tiktok keine sogenannten «Legging Legs», also «Leggings-Beine». (Symbolbild)
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Derart detaillierte Schönheitsideale kritisiert Psychotherapeutin Veronica Defièbre. (Symbolbild)
Essstörung
Denn: Solche Trends können bei vulnerablen Personen dazu führen, dass sie hungern oder gar in eine Essstörung abrutschen. (Symbolbild)
Expat
Sie habe in den letzten Jahren gar eher eine Zunahme an Essstörungen in ihrer Praxis festgestellt.

«Ich habe immer noch Patientinnen in meiner Praxis, die bereits mit Anfang 20 Schönheitsoperationen vornehmen lassen. Das tun sie, um den in den sozialen Medien vermittelten Schönheitsidealen zu entsprechen.» Sie würden sich daran orientieren, was im Netz als schöne Nase, Wangen, Lippen oder Brüste angesehen würde.

Psychotherapeutin Defièbre weiter: «Viele meiner Patientinnen im Alter zwischen 20 und 35 Jahren weisen Körperbildstörungen auf. Das hat teils zu Essstörungen geführt. Einen Rückgang konnte ich hier in den letzten zehn Jahren nicht feststellen, eher eine Zunahme.» Sie geht von einer grossen Dunkelziffer aus.

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