Cilander Herisau steht Ende August vor dem Aus. Der CEO von Cilander Herisau dämpft die Hoffnungen auf eine Aufrechterhaltung der Produktion.
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Die AG Cilander erwägt, drei Standorte zu schliessen. Im Bild der Produktionsstandort in Herisau. (Archivbild) - sda - KEYSTONE/GIAN EHRENZELLER
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Ende August wird in Herisau mit grosser Wahrscheinlichkeit eine über 200-jährige Textilgeschichte zu Ende zu gehen. Gründe für das wahrscheinliche Aus der Cilander gibt es gemäss CEO Burghard Schneider viele, darunter mangelndes Qualitätsbewusstsein bei den Verbrauchern. Die Hoffnungen auf einen Erhalt der Produktion seien gering.

Lange Zeit war Cilander einer der ganz grossen Arbeitgeber in Herisau. Die Firma, die unter anderem Stoffe färbt, bedruckt und chemisch behandelt, beschäftigt an den drei Produktionsstandorten Herisau, Flawil SG und Lützelflüh BE gemäss eigenen Angaben 190 Mitarbeitende. Damit könnte bald Schluss sein, denn Verwaltungsrat und Management erwägen die Schliessung der Standorte.

«Wir haben es länger ausgehalten als mancher unserer Mitbewerber», sagte Burghard Schneider, CEO bei Cilander, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Schneider versichert, dass die Geschäftsleitung zahlreiche Optionen geprüft habe, wie der Betrieb weitergeführt werden könnte.

Beispielsweise sei im gesamten europäischen und insbesondere im deutschsprachigen Raum nach einem potentiellen Käufer gesucht worden. Doch dies bis anhin ohne Erfolg.

Auch international habe man nach Käufern gesucht. Aber ob dies für die Mitarbeitenden zwingend von Vorteil wäre, bezweifelt Schneider. «Selbst wenn wir einen internationalen Käufer finden würden, ist nicht sichergestellt, dass dieser die Produktion in der Schweiz behalten würde.»

Zwei wichtige Pfeiler sind weggebrochen

Schneider sprach immer wieder von einem Kostendruck, der auf der Firma gelastet habe. Seine Stimme wurde hörbar erregter, als er auf die Rolle der Konsumentinnen und Konsumenten zu sprechen kam.

Diese seien zwar teilweise immer noch bereit, hohe Preise für Kleidungsstücke und Textilien zu bezahlen. Aber sie interessierten sich nicht mehr für die Qualität.

Heisst in der Lesart von Schneider: Kleiderhersteller beispielsweise, die den veredelten Stoff bis anhin bei Cilander bezogen, kauften diesen zunehmend bei günstigeren Anbietern.

Die Qualität sei oftmals geringer. Kundinnen und Kunden bezahlten aber trotzdem die gleich hohen Preise wie eh und je.

Cilander habe während mehr als 150 Jahren ihrer insgesamt über 200-jährigen Firmengeschichte Stoffe für Hemden «in höchster Qualität» veredelt. Zwar würden weiterhin Hemden getragen, aber die Nachfrage beim Herisauer Unternehmen nach diesem Stoff sei eingebrochen.

Auf die rettende Idee hoffen

Ein zweites wichtiges Standbein, das gemäss Schneider starke Einbussen zu verzeichnen hatte, war das Segment der Schleifmittel. Cilander stellt textile Unterlagen für Schleifmittel her.

Abnehmer sind etwa die Möbel- oder die Bauindustrie. «Beide Industrien sind im letzten Jahr deutlich eingebrochen», sagte Schneider. Die Folge waren weitere Einnahmeausfälle.

Noch gibt der CEO die Hoffnungen, dass wenigstens ein Teil der Werte des Unternehmens erhalten werden können, nicht auf.

«Wir sind in vollem Ernst in das Konsultationsverfahren gestartet und wir erhoffen uns von diesem neue Ansätze», sagte Schneider. Vielleicht könnten einige Arbeitsplätze doch noch erhalten werden.

Dass die Maschinen an den drei Standorten weiterlaufen, hält der CEO dennoch für unwahrscheinlich. Um am Standort Schweiz konkurrenzfähig zu sein, brauche ein Industriebetrieb eine kritische Grösse, sprich er muss in grossen Mengen produzieren können.

Lange Zeit habe Cilander über dieser kritischen Grösse gearbeitet, sagte der CEO. Zuletzt aber sei sie zu klein geworden, um noch wettbewerbsfähig zu sein.

Innovationen waren nicht mehr von Nutzen

Auch Innovationen, von denen Cilander gemäss eigenen Angaben in den letzten Jahren einige hervorgebracht hat, halfen nicht. Schneider drückte es so aus. «Das Volumen der neuen Aktivitäten konnte den abrupten Kollaps des bestehenden Volumens nicht auffangen.»

Bleibt die Option, dass einzelne Technologien oder Produkte der Cilander in neuen Firmen aufgehen. Schneider spricht von kleinen Manufakturen, die entstehen könnten.

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Im Jahr 2024 könnten die letzten Meter veredelter Stoff in Herisau vom Band der Cilander rollen. - keystone

Also neue Firmen mit Know How und langjährigen Mitarbeitern der Cilander. Dass aber der Textilveredler selber in eine Manufaktur umgewandelt werden könnte, sei unwahrscheinlich. Die Firma sei immer ein produzierender Industriebetrieb gewesen.

Der Entscheid über die Schliessung werde erst nach Abschluss des Konsultationsverfahrens gefällt. Trotzdem klingt bei den Worten des CEO mit, dass ein Kapitel Industriegeschichte bald definitiv zu Ende gehen könnte. «Hier hat ein ganzes Unternehmen gekämpft. Alle Mitarbeitenden haben das Beste gegeben.»

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