Die Viertagewoche soll die Arbeitenden entlasten und Jobs attraktiver machen. Sie sei aber für niemanden lukrativ, findet ein Bündner Hotel nach einem Testlauf.
Hotel Schweizerhof
Das Hotel Schweizerhof in Lenzerheide GR ist von der Viertagewoche nicht überzeugt. - schweizerhof-lenzerheide.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Hotel in Lenzerheide GR machte einen Testlauf der Viertagewoche im Küchenteam.
  • Die Gastro kämpft mit Personalmangel. Das Modell könnte die Arbeit attraktiver machen.
  • Im Schweizerhof waren weder das Personal noch der Betrieb zufrieden mit den Resultaten.
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Nur vier Tage arbeiten für den gleichen Lohn? Klingt für Arbeitnehmende super. Bei den Unternehmen gehen die Meinungen auseinander. Ein Restaurant aus der Lenzerheide hat den Versuch gewagt – doch das Fazit ist kein gutes.

Das Hotel Schweizerhof in Lenzerheide GR hat vor Kurzem versucht, das Modell für sein Küchenteam einzuführen. Die 15 bis 20 Mitarbeitenden bedienen während der Hochsaison bis zu 200 Gäste pro Abend.

Grosse Challenge: Die Planung

Jamie Rizzi, der stellvertretende Chef des Schweizerhofs, erzählt gegenüber der NZZ: «Anfangs war unser Küchenchef Feuer und Flamme für die Idee. Er hat sofort angefangen, Pläne zu machen. Aber schon bald zeigten sich die Probleme.»

Feste freie Tage hätten nicht mehr garantiert werden können und auch, dass diese aufeinanderfolgen, war nicht garantiert. «Wir haben im Betrieb Paare, die gerne gleichzeitig Wochenende machen möchten. Auch das wäre sehr schwierig geworden», sagt Rizzi.

Schweizerhof Esssaal
Im Hotel Schweizerhof wurde im Küchenteam die Viertagewoche getestet.
Putzkraft Schweizerhof
Allerdings habe das Modell weder für die Arbeitnehmenden noch für den Betrieb funktioniert. (Archivbild)
Jamie Rizzi
Besonders die Planung sei schwierig gewesen, meint Jamie Rizzi. Er ist der stellvertretende Chef des Schweizerhofs.
Jobausschreibung Service
Schade, denn die Viertagewoche sei ein Hoffnungsschimmer gewesen, den Personalmangel zu bekämpfen.

Zudem seien die Kosten gestiegen. «Unsere Vorgabe war: Wenn wir die Viertagewoche einführen, dann ohne Arbeitszeitreduktion. Trotzdem zeigten unsere Berechnungen, dass wir 20 bis 25 Prozent mehr Angestellte gebraucht hätten, um alle Schichten abzudecken.»

Dabei sollte die Viertagewoche dabei helfen, den Personalmangel zu entschärfen: «In der Hotellerie machen wir uns seit Langem Gedanken, wie man den Job attraktiver machen könnte. Die Viertagewoche wird dabei fast schon als Allheilmittel propagiert», sagt Rizzi.

Rizzi: «Braucht individuelle Lösungen»

Das Modell habe weder für die Mitarbeitenden noch für den Betrieb funktioniert. «Wir kamen zum Schluss: Es braucht individuelle Lösungen. Jeder Mitarbeiter hat andere Bedürfnisse», resümiert der Hotelier.

In anderen Branchen haben Testversuche jedoch positive Resultate hervorgebracht. So zum Beispiel im Aargauer Grafikbüro A+O. Dort wird das Geschäftsmodell seit Jahren verwendet und funktioniert mittlerweile einwandfrei.

Würden Sie eine Viertagewoche begrüssen?

Das grösste Pilotprojekt zur Viertagewoche wurde 2022 in Grossbritannien durchgeführt. Rund 2900 Mitarbeitende aus 61 Betrieben haben das Modell für ein halbes Jahr getestet. Die Resultate sind eindeutig: Durchschnittlich stiegen die Umsätze der teilnehmenden Firmen um 35 Prozent.

Auch die Arbeitnehmenden empfanden das Experiment als positiv. 62 Prozent der Teilnehmenden fanden es einfacher, ihre Arbeit und ihre sozialen Verpflichtungen unter einen Hut zu bringen. 92 Prozent der beteiligten Betriebe führen die Viertagewoche weiter.

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