Die Geschichte über Jesus-Kreuzigung ist keine schöne – einigen Kindern wird sie zu viel. In Basel ist ein verschreckter Bub gar aus dem Unterricht gerannt.
Kreuzigung Jesus als Schulthema
Nicht für jede Kinderseele geeignet: ein Film über die Kreuzigung Jesu. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Primarschüler (8) konnte wegen der Ostergeschichte nicht mehr schlafen.
  • Denn im Unterricht wurde die Kreuzigung von Jesus in einem Film gezeigt.
  • Der Junge flüchtete aus dem Klassenzimmer und kam schockiert nach Hause.
  • Die Religionslehrpersonen entscheiden selbst über die Angemessenheit eines Films.
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In Basel flüchtet kurz vor den Ostertagen ein 8-jähriger Bub heulend aus dem Klassenzimmer. Der Grund: Die Kinder sahen im Religionsunterricht einen Film, der die Kreuzigung Jesu zeigte. Für den Schüler zu viel.

Die empörte Mutter* suspendierte ihren Sohn daraufhin vom Bibelunterricht. «Er hat nur noch geweint und konnte am Abend kaum einschlafen», sagt sie zu Nau.ch.

Klar, die Kreuzigungsgeschichte ist keine schöne. Sollte man sie heute überhaupt noch kleinen Kindern im Unterricht zeigen?

Theologe kritisiert «unsensiblen» Umgang mit Jesus-Film

Thomas Schlag ist Professor für Praktische Theologie mit Schwerpunkten Religionspädagogik und Kirchentheorie an der Universität Zürich. Für ihn ist klar: «Sollte die Situation so passiert sein, ist aus meiner Sicht das Problem nicht die Thematisierung der Kreuzigung. Sondern die offenbar unsensible Weise der Lehrperson, ein solches Medium einzuspielen.» Schuld sei also der Film, nicht dessen Inhalt.

Sollte Primarschülern ein Film über die Kreuzigung von Jesus gezeigt werden?

Der Professor mahnt: «Die Lehrpersonen sollten in jedem Fall sensibel mit den unterschiedlichen Osterüberlieferungen umgehen.» Wichtig sei es, mit den Schülern zu thematisieren, was die inhaltliche Botschaft der Auferstehungsgeschichte sei. «Dann kommt man sicherlich auf Themen wie Hoffnung, Erlösung und Gottesliebe.»

Als Lehrperson müsse man sich im Vorfeld bewusst machen, wie das konkret eingesetzte Medium auf einzelne Schüler wirken könnte. Gerade dann, wenn Gewaltszenen gezeigt werden.

Jesus-Filme für Kinder sind «zeitgemäss»

Immerhin: Der verstörte Bub scheint ein Einzelfall zu sein. Klaus Fischer, dem Chef des Religionspädagogischen Fachgremiums der reformierten Kirchen, sind jedenfalls keine weiteren Fälle bekannt.

Er betont: «Kirchliche Fachlehrpersonen für den schulischen Religionsunterricht absolvieren eine dreijährige Ausbildung.» Dabei würden sie auch pädagogisch geschult und müssen ein Praxisjahr absolvieren. Diese gute Ausbildung stelle sicher, dass sie selbstverantwortet einen stufen- und kindgerechten Unterricht anbieten könnten.

Die Ostergeschichte kindsgerecht erzählen
Ein Bub ist von einem Jesus-Film aus dem Religionsunterricht so verstört, dass er kaum noch schlafen kann. (Symbolbild)
Bub
Die Mutter ist empört – ihr Sohn sei erschrocken aus dem Unterricht gerannt. (Symbolbild)
Religion
Ein Ausbildner versichert, dass die Medien, die im Lehrplan empfohlen sind, zeitgemäss sind. (Symbolbild)

Im Religionsunterricht halten sie sich an einen Lehrplan, so Fischer. Die Medien, die darin empfohlen werden, seien «zeitgemäss».

Kinder erschrecken sich auch bei «sorgsam vorbereitetem Vorgehen»

Auch an der Pädagogischen Hochschule Bern sieht man grundsätzlich kein Problem mit Jesus-Filmen. Sprecherin Sandra Liechti sagt: «Es gehört zu einem guten Fachunterricht dazu, dass dem Alter und der Stufe entsprechende Materialien und Medien eingesetzt werden.»

Das gelte für die Deutschstunde genauso wie für den Religionsunterricht. Es könne in jedem Fachbereich vorkommen, dass ein Inhalt bei den Kindern zu Irritationen und Erschrecken führe.

«Das geschieht auch bei sehr gut eingebetteten Lerngelegenheiten und sorgsam vorbereitetem Vorgehen. Die Lehrperson kann die unterschiedlichen Reaktionen der Kinder nicht immer vorhersehen. Sie muss dann aber die geeigneten Massnahmen treffen, um zu helfen, die Situation zu bewältigen», sagt sie.

Es sei zudem unabdingbar, dass eine Lehrperson den Film im Vorfeld selbst schaut. Die Altersbeschränkung sei verbindlich. Letztlich gilt aber: «Die professionelle Qualifikation von Lehrpersonen ist bei der Auswahl die wichtigste Vorgabe. Sie kennt die Klasse auch am besten.»

Es muss ja nicht unbedingt Blut fliessen

Christian Irgl von der Pädagogischen Hochschule Nordwestschweiz rät Lehrpersonen: «Man kann in gemeinsamen Gesprächen aufwühlende Filme vor- und nachbereiten.» Es sei weniger belastend, etwas Trauriges zu erzählen, als im Film darzustellen.

Er rät: «Es muss ja nicht unbedingt Blut fliessen. Oder eine Kreuzigung ausführlich dargestellt werden, um sich mit der Geschichte von Jesus auseinanderzusetzen.»

* Name der Redaktion bekannt.

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