Briten und Amis zahlen bald für Schweiz-Einreise – schadet uns das?
Wer bislang ohne Visum in die Schweiz einreisen darf, muss bald 20 Euro bezahlen. Der Grund liegt dafür bei der EU. Eine Forscherin sagt, was uns erwartet.

Das Wichtigste in Kürze
- Die EU führt eine Gebühr für die Schengen-Einreise ein. Diese gilt auch für die Schweiz.
- Das neue Etias-System wird ab voraussichtlich dem letzten Quartal 2026 aktiv.
- Eine Tourismus-Expertin sagt: Die Gebühr ist auch eine Chance für die Schweiz.
Schnell beantragt, dafür aber Pflicht: Wer in die Schweiz reist, muss schon bald eine Einreisegebühr zahlen. Die Vorbereitungen für die Einführung des Europäischen Reiseinformations- und genehmigungssystems – kurz Etias – laufen auf Hochtouren.
Davon betroffen sind alle, die für die Einreise kein Visum benötigen. Also etwa US-Amerikaner, Kanadier, Briten, Südkoreaner oder Israelis. Keine Gebühr zahlen müssen hingegen jene aus EU- und EFTA-Staaten.
Die Schweiz ist Teil des Schengen-Raums und muss deshalb das neue europäische Reisegenehmigungssystem übernehmen. Sie hat zwar ein Mitspracherecht, aber kein volles Entscheidungsrecht.
Würde die Schweiz solche Regeln ablehnen, könnte das Probleme für ihre Teilnahme am Schengen-Abkommen verursachen. Deshalb stimmten National- und Ständerat der Einführung von Etias ohne Widerstand zu.
Bald gilt also: Reisende aus visumfreien Ländern brauchen nach der Einführung eine Online-Genehmigung – ähnlich zum Esta der USA.
Zuständig für die Umsetzung in der Schweiz ist das Staatssekretariat für Migration (SEM). Sprecher Samuel Wyss gibt auf Anfrage von Nau.ch den aktuellen Zwischenstand bekannt: «Etias wird voraussichtlich im letzten Quartal 2026 eingeführt.»
Die EU werde mehrere Monate vor Inkrafttreten über das genaue Datum informieren. «Die Vorbereitungen des SEM dazu laufen und orientieren sich am Zeitplan der EU.»
EU hebt kürzlich Gebühr wegen der Inflation an
Ursprünglich wollte die EU das System bereits 2020 einführen, verschob den Start aber mehrfach. War zunächst eine Gebühr von 7 Euro geplant, soll diese neu 20 Euro betragen, wie die EU kürzlich bekannt gab.
Beim aktuellen Kurswechsel wären das umgerechnet rund 18.70 Franken.
«Das SEM hat diese Ankündigung zur Kenntnis genommen», sagt Wyss dazu und verweist auf die Begründung der EU. Diese begründete die Erhöhung mit der Inflation und einer Angleichung an ähnliche Systeme anderer Länder. Etwa die USA oder Grossbritannien.

Das SEM sieht im neuen System viele Vorteile. «Die Einführung von Etias dient primär der Erhöhung der Sicherheit, der Prävention der irregulären Migration und Abwehr von Gesundheitsrisiken.»
Und weiter: «Mit Etias soll die Grenzkontrolle erleichtert sowie Grenzübertritte für Reisende effizienter gestaltet und Verzögerungen minimiert werden.»
Doch: Könnte die neue Gebühr Touristinnen und Touristen abschrecken?
Die Tourismus-Forscherin Lena Pescia von der Fachhochschule Graubünden sagt dazu gegenüber Nau.ch: «Die Schweiz dürfte keinen spezifischen Wettbewerbsnachteil durch Etias erleiden.»

Grund dafür: «Etias betrifft alle typischen Reisedestinationen Europas gleichermassen», sagt sie. «Es ist nicht zu erwarten, dass potenzielle Schweiz-Reisende wegen Etias etwa auf Österreich oder Italien ‹ausweichen›. Da dort dieselbe Regelung gilt.»
Expertin rechnet mit Verunsicherung in Anfangsphase
Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass die meisten Reisenden das neue System akzeptieren werden.
Zwar könne kurzfristig mit einer gewissen Verunsicherung gerechnet werden. «Insbesondere in der Anfangsphase, wenn das System neu eingeführt wird und noch nicht alle Reisenden damit vertraut sind.»
Doch der Aufwand sei beschaulich. «Mit substanziellen Nachfrageeinbrüchen ist deshalb nicht zu rechnen. Insbesondere, da eine Reise aus Fernmärkten nach Europa ohnehin mit einem gewissen Planungsaufwand verbunden ist.»
«Einheitliche Regeln im Europäischen-Raum schaffen Transparenz und Planbarkeit – davon kann die Schweiz als Reiseziel indirekt profitieren», sagt Pescia. «Würde die Schweiz aus dem System ausscheren, entstünde ein Sonderfall. Dieser würde für Europa-Reisende eher Verwirrung als Vertrauen schaffen.»
Die Gebühr von 20 Euro liege im internationalen Mittelfeld, weiss die Expertin. Sie falle im Vergleich zu den Gesamtkosten für Flug, Unterkunft und Co. wenig ins Gewicht.
Jüngere Reisende reagieren sensibler auf Gebühr
«Ein Einfluss auf die Reiseentscheidung ist am ehesten im Segment der Spontanreisen oder bei preisbewussten Individualreisenden denkbar», so Pescia. Etwa bei jüngeren Reisenden oder Rucksacktouristen.
Doch: «Dieses Segment macht nur einen kleinen Teil der internationalen Schweiz-Reisenden aus visumfreien Drittstaaten aus.» Wohl wegen den vergleichsweise hohen Kosten.
Geschäftsreisende und klassische Feriengäste dürften durch Etias kaum beeinträchtigt werden, da ähnliche Regeln auch anderswo gelten. Die Genehmigung ist zudem drei Jahre gültig und muss nicht vor jeder Reise neu beantragt werden.
Kurz: Das neue Regime wird sich auf den europäischen und den Schweizer Tourismus kaum auswirken.
Wichtig sei laut der Expertin aber eine gute, frühzeitige und verlässliche Kommunikation. Pescia sagt: «Die Schweiz kann durch qualitativ hochwertige Angebote und verlässliche Reiseinformationen potenziellen Hürden entgegenwirken.»