Eine Bernerin erfährt, dass ihr Arbeitskollege mit gleichen Qualitäten mehr verdient – und geht vor Gericht. Nun erhält sie sogar rückwirkend mehr Lohn.
Janina Stucki
Janina Stucki verdiente 20 Prozent weniger als ihr männlicher Arbeitskollege mit den gleichen Qualitäten. - Screenshot SRF Kassensturz

Das Wichtigste in Kürze

  • Janina Stucki verdiente bei der BKW Energie AG weniger als ihr gleichgestellter Kollege.
  • Da sie sich diskriminiert fühlte, zog sie vor Gericht.
  • So erreichte sie erst eine Lohnanpassung.
  • Nun erhält sie auch rückwirkend mehr Lohn ausbezahlt.
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Der Fall von Janina Stucki ging Anfang Jahr durch die Medien. Im «Kassensturz» erzählte sie damals ihre Story. Die selbständige Kommunikationsexpertin warf ihrem Arbeitgeber vor, sie aufgrund ihres Geschlechts zu diskriminieren.

Denn: Stucki verdiente massiv weniger als ihr männlicher Kollege, der gleich alt ist und gleich viel Erfahrung haben soll wie sie.

Stucki arbeitete seit 2019 für ein Start-up-Unternehmen der BKW. Bei ihrer Einstellung wurde ihr mitgeteilt, dass es keine Verhandlungen über den Lohn gebe. Die Bezahlung basiere auf klaren Kriterien. Ihr Lohn, mit dem sie sich zufrieden zeigte, betrug 100'000 Franken pro Jahr für eine Vollzeitstelle.

Doch im Juli 2021 die böse Überraschung. Bei einem Znacht erfährt Stucki, dass ein Kollege von ihr – der gleich alt ist und gleich viel Erfahrung hat – viel mehr verdient als sie. Nämlich 120'000 Franken. Er konnte also durchaus verhandeln. Und das, obwohl ihre Jobs – sie in der Kommunikation, er im Marketing – vergleichbar sind.

BKW Logo Bern
Vor Gericht kam es nun zum Vergleich zwischen der Bernerin und ihrem ehemaligen Arbeitgeber.
Arbeitende mit Dokument
Das Unternehmen muss ihr nun Geld bezahlen. Sie sieht das als Schuldeingeständnis. Das Unternehmen sieht das anders. (Symbolbild)
Abendessen mit Wein und Deko
Bei einem Abendessen kamen die Unterschiede zu Tage. (Symbolbild)
Janina Stucki mit Regenschirm
Janina Stucki sagt, sie habe diesen Kampf auch für alle anderen auf sich genommen.

Sind Sie zufrieden mit Ihrem Lohn?

Bei einem Jahresgespräch mit ihrem Chef sprach sie die Lohndifferenz an. Daraufhin erhielt sie ab April 2022 den gleichen Lohn wie ihr Kollege. Die BKW begründete gegenüber dem SRFKassensturz» die Gehaltserhöhung mit «objektiven und nachvollziehbaren Kriterien». Denn Stucki hatte mehr Berufserfahrung gesammelt und mehr Verantwortung übernommen.

Stucki erhielt mehr Lohn – und kämpfte weiter

Damit gab sich die junge Frau aber nicht zufrieden. Nach der Lohnerhöhung wollte Stucki mehr. Denn: «Ich habe realisiert, dass ich kein Einzelfall bin.» Lohndiskriminierung werde nach wie vor als Kavaliersdelikt betrachtet, sagt sie. Und sogar in mächtigen, staatsnahen Betrieben geduldet. Hauptaktion bei der BKW ist nämlich der Kanton Bern.

Sie forderte nun auch rückwirkend den gleichen Lohn wie ihr Kollege. Also seit sie ihren Job dort begann 2019.

Ein erster Versuch scheiterte vergangenen April.

Letzten Freitag kam es dann zur Verhandlung am Zivilgericht in Bern, wie der «Bund» berichtet. Mit Erfolg für die junge Frau. Am Schluss einigten sich die Parteien laut Stucki darauf, dass die BKW 25’000 Franken bezahlt. Gefordert hatte sie mehr – nämlich 36'500 Franken, zuzüglich lohnabhängiger Bonuszahlungen und Verzugszinsen.

Dass sie nun eingewilligt hat, hat auch mit ihren Nerven zu tun. «Die Sache kostete mich viel Energie», sagt die Kommunikationsexpertin, die heute selbstständig ist. «Und Geld.» Es sei schwierig, gegen einen Konzern wie die BKW vorzugehen.

Ist Zahlung ein Schuldeingeständnis?

Der Anwalt der BKW argumentierte vor dem Zivilgericht in Bern, dass es «signifikante Unterschiede» zwischen Stucki und ihrem Kollegen gegeben habe. Er habe zwei relevante Abschlüsse und mehr Berufserfahrung vorzuweisen. Stucki stritt dies ab.

Das Unternehmen bestreitet, dass die Zahlung von 25'000 Franken ein Schuldeingeständnis sei. «Beide Parteien sind von ihren Maximalpositionen abgerückt und haben sich in einem Kompromiss gefunden», sagt Tobias Habegger, Mediensprecher der BKW zur Zeitung.

Stucki hingegen sieht das anders: «Warum sonst sollte die BKW zahlen?» Sie kann nicht verstehen, warum die Firma nicht früher eingelenkt hat und betont: «Für sie wäre der Betrag ein Klacks.»

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