Der Schweizer Staatssekretär Mario Gattiker hat in einem Zeitungsinterview die gegenwärtige europäische Asylpolitik kritisiert. Bemühungen etwa Deutschlands, aus Seenot gerettete Menschen direkt vom Schiff in Länder zu verteilen, hält er für «falsch».
«Europa ist nicht viel weiter gekommen»: Mario Gattiker, Schweizer Migrations-Staatssekretär. (Archivbild)
«Europa ist nicht viel weiter gekommen»: Mario Gattiker, Schweizer Migrations-Staatssekretär. (Archivbild) - sda - KEYSTONE/PETER KLAUNZER
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Schweizer Asylchef Mario Gattiker kritisiert die europäische Migrationspolitik.
  • Aus Seenot gerettete Personen direkt in Länder zu verteilen, hält er für «falsch».
  • Es brauche bereits im Ankunftsland rasche Asylverfahren und eine konsequente Rückführung.

«Wir erachten es als falsch, wenn Personen ab den Booten auf die Länder verteilt werden, auch wenn sie keine Asylgründe haben und das trifft auf viele der anlandenden Personen zu».

Der Direktor des Staatssekretariats für Migration (SEM) Mario Gattiker.
Der Direktor des Staatssekretariats für Migration (SEM) Mario Gattiker. - Keystone

Das sagte der 62-jährige Staatssekretär des Staatssekretariats für Migration (SEM) in einem am Samstag publizierten Interview von «CH Media». Es brauche bereits im Ankunftsland rasche Asylverfahren und eine konsequente Rückführung.

CH-Asylchef erhofft sich neuen Wind

Bei der Frage der Lastenverteilung sei Europa seit der Flüchtlingskrise nicht viel weiter gekommen, sagte Gattiker. Der Schweizer Chefbeamte hofft laut eigenen Aussagen, dass die neue EU-Kommission unter der Leitung von Ursula von der Leyen ab November neuen Wind und neue Ansätze bringt.

Ursula von der Leyen, zukünftige Präsidentin der Europäischen Kommission, beantwortet Fragen von Journalisten im Rahmen einer Debatte im Eu-Parlament. Foto: Jean-Francois Badias/AP
Ursula von der Leyen, zukünftige Präsidentin der Europäischen Kommission, beantwortet Fragen von Journalisten im Rahmen einer Debatte im Eu-Parlament. Foto: Jean-Francois Badias/AP - dpa-infocom GmbH

Zielführender als kurzfristige Lösungen sei eine Reform des europäischen Dublin-Asylsystems, sagte Gattiker. «Es braucht unbürokratischere und schnellere Verfahren sowie einen Mechanismus, mit dem die Staaten an der Aussengrenze in Krisensituationen entlastet werden.»

Gattiker fordert einheitliche Asypraxis

Gattiker fordert zudem von der EU eine einheitliche Asylpraxis. «Es kann nicht sein, dass Personen aus Afghanistan in einem Land in 90 Prozent der Fälle ein Bleiberecht erhalten und in einem anderen in 40 Prozent.» Solche Unterschiede führten zu innereuropäischen Wanderungen.

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Mario Gattiker, Staatssekretär für Migration. - Nau

Den Vorwurf, dass sich die Schweiz in Europa in der Flüchtlingsfrage nicht solidarisch zeige, lässt Gattiker nicht gelten. «Wir haben während der Flüchtlingskrise gezeigt, dass wir sehr solidarisch sind. Unter anderem durch die Aufnahme von 1500 Personen aus Griechenland und Italien.»

Vorläufige Quotenregelung geplant

Auf der Suche nach einer Lösung, wie Bootsflüchtlinge innerhalb der EU verteilt werden sollen, soll es bald greifbare Fortschritte geben.

Für Montag hat Malta Vertreter Deutschlands, Frankreichs, Italiens, des EU-Ratsvorsitzenden Finnland sowie der EU-Kommission zu einem Treffen in die maltesische Stadt Vittoriosa eingeladen.

Seenotrettung im Mittelmeer
Die von der Seenotrettungsorganisation Sea-Eye herausgegebene Aufnahme zeigt Seenotretter die ein Kind an Bord des Rettungsschiffes «Alan Kurdi» hieven. - dpa

Dort soll eine vorläufige Quotenregelung gefunden werden. Im Oktober soll der Vorschlag den Staats- und Regierungschefs vorgelegt werden.

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