Äquator-Stadion mit Schönheitsfehler
Die Feuerwehr macht an den Tribünen Höhenrettungsübungen, der Rasen ist vertrocknet. Trotzdem ist die etwas morbide Fussballarena im brasilianischen Macapá einmalig. Man kann in jeder Halbzeit auf einer anderen Erdhälfte spielen - aber die Sache hat einen Haken.

Das Wichtigste in Kürze
- Die weissen Mittellinie des Fussballstadions «Milton de Souza Corrêa» im nordbrasilianischen Macapá soll exakt der Äquartorlinie entsprechen.
- Neuere Messungen ergaben aber, dass die Linie etwas weiter rechts liegt und unter anderem durch die Umkleidekabine geht.
Es sieht aus wie eine typische Strassenfussballszene, Kinder jagen auf rotem Sand dem Ball hinterher. Aber das hier ist kein normaler Bolzplatz. Mal fliegt der Ball auf die eine Seite des Äquators, mal auf die andere. Sie spielen im Schatten eines der wohl ungewöhnlichsten Fussballstadien der Welt, auf der Nullpunktlinie.
Dort steht Irismar «Mazinho» Veras auf der weissen Mittellinie, mit einem Bein auf der nördlichen, mit dem anderen auf der südlichen Erdhalbkugel. Glaubt der Direktor des Fussballstadions «Milton de Souza Corrêa» im nordbrasilianischen Macapá zumindest. Er zeigt die Linie entlang, in direkter Verlängerung ragt 500 Meter hinter dem Stadion ein Äquator-Monument in die Höhe. «Das gibt es nirgendwo sonst.» Seiner Meinung nach verläuft die Mittellinie des Stadions entlang der Äquatorlinie, weltweit einmalig für ein Fussballstadion.
So spielt ein Team eine Halbzeit in der einen Hemisphäre, in der zweiten Halbzeit in der anderen. Deshalb heisst die etwas morbide wirkende Arena mit den markanten Flutlichtmasten auch Zerão, das «Nullpunkt-Stadion».
Doch die Nullpunkt-Sache hat einen kleinen Schönheits- und Messfehler.
70 Meter weiter südlich
«Wir haben viele Studien und Messungen gemacht, wir glauben, dass das hier die Äquatorlinie ist», betont Veras. Während der Grossteil Brasiliens auf der Südhalbkugel liegt, befindet sich hier in Macapá ein kleiner Teil auch in der nördlichen Hemisphäre. Die Messungen vor Eröffnung des Zerão wurden auf herkömmlicher Basis vorgenommen - aber offensichtlich nicht nach dem für Positionsangaben gängigen geodätischen Messsystem WGS 84.
Wenn man nun neben Direktor Veras an der Mittellinie steht, zeigt der satellitengestützte Kompass auf dem Smartphone, dass das nicht ganz der Nullpunkt ist, der ist rund 70 Meter weiter südlich. Es geht mit dem 51-Jährigen den Spielertunnel herunter. Dann geht es nach links in die südliche Umkleidekabine -
Und siehe da, hier zeigt der Kompass exakt 0 Grad an.
Veras will das gar nicht sehen. «Das waren unsere damaligen Messungen», betont er. «Wir stehen beim Anstoss immer im Mittelpunkt der Welt.»