Die Schweiz hat seit der Machtübernahme der Taliban 91 humanitäre Visa an gefährdete Personen aus Afghanistan vergeben. Über 1500 wurden abgelehnt.
Afghanistan
Afghanistan ist eines der am stärksten verminten Länder weltweit - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • 2021 übernahmen die Taliban die Macht in Afghanistan.
  • Seitdem hat die Schweiz 91 humanitäre Visa an gefährdete Afghanen erteilt.
  • Weitere 1500 wurden jedoch abgelehnt, da die Anforderungen nicht erfüllt waren.
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Die Schweiz hat 2021 und 2022 nach der Machtübernahme der Taliban insgesamt 91 besonders gefährdeten Afghanen ein humanitäres Visum zugestanden. In rund 1500 Fällen hat sie ein solches verweigert. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) bestätigte am Samstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA einen entsprechenden Bericht in den Tamedia-Medien.

Demnach hat das SEM 2021 insgesamt 37 humanitäre Visa für Personen aus Afghanistan ausgestellt, 2022 (bis zum 25. Juli) deren 54. Die Zahl der verweigerten Visa belief sich im Jahr 2021 auf 463, im bisherigen Jahr 2022 auf deren 1105.

Bereits vor Taliban viele Flüchtlinge

Das SEM beobachte die Situation in Afghanistan sehr genau, schreibt die Behörde dazu. Die Machtübernahme der Taliban habe gemäss Analysen keine direkten Auswirkungen auf die Wanderungen der afghanischen Asylsuchenden. Diese habe bereits zuvor begonnen. Der Vormarsch und die Machtübernahme der Taliban hätten vor allem zu Fluchtbewegungen innerhalb Afghanistans geführt.

Weiter hält das SEM in seiner Antwort fest, die Sicherheitslage in Afghanistan sei besser als vor der Machtübernahme der Taliban. Verschlechtert habe sich dagegen die Menschenrechtslage, für gewisse Gruppen sei sie sehr problematisch.

Vor Jahresfrist hatte Justizministerin Karin Keller-Sutter erklärt: Der Bund warte nach der Machtübernahme der Taliban die weitere Entwicklung der Lage im Land ab. Vorerst habe die Hilfe vor Ort für die Schweiz Priorität.

Karin Keller-Sutter
Karin Keller-Sutter an der Delegiertenversammlung der FDP. - keystone

Humanitäre Visa werden in der Schweiz vom SEM erteilt. Um ein humanitäres Visum zu erhalten, muss eine Person unmittelbar, ernsthaft und konkret an Leib und Leben gefährdet sein. Der Bezug zur Schweiz ist ebenfalls ein wichtiger Faktor.

Zudem muss es der Person praktisch unmöglich und objektiv unzumutbar sein, in einem anderen Land um Schutz zu ersuchen. Das Bundesverwaltungsgericht habe diese Praxis bestätigt, betont das SEM.

SRK schloss Beratungsdienst für Afghanen

Mitte Dezember 2021 hatte das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) angesichts der minimen Erfolgsaussichten für die Antragsteller seinen Beratungsdienst geschlossen. Das SRK habe die Entwicklungen betreffend legale Zugangswege zu internationalem Schutz analysiert. Anschliessend habe es entschieden, seine Expertise sowie die vorhandenen Ressourcen zukünftig stärker für den Familiennachzug einzusetzen.

Schweizerisches Rotes Kreuz ZH
Die Freiwilligen des SRK sind momentan in Bassersdorf unterwegs. - Schweizerisches Rotes Kreuz

Im Rahmen des Resettlement-Kontingentes sind seit August 2021 zudem bisher 268 afghanische Staatsangehörige in die Schweiz eingereist. Diese Personen seien sowohl aus der Türkei als auch direkt aus Afghanistan eingereist, bestätigt das SEM. Resettlement bedeutet die Umsiedlung von schutzbedürftigen Menschen aus einem Erstaufnahmeland in ein sicheres Drittland.

Zudem stellten in den letzten anderthalb Jahren rund 5000 Afghaninnen und Afghanen ein Asylgesuch in der Schweiz. Dabei handelt es sich gemäss Angaben des SEM hauptsächlich um afghanische Staatsbürger, die sich schon lange in Europa aufhalten.

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