Urteil gegen Boris Johnson: Wie weiter im Brexit?
Ein vernichtendes Urteil gegen Premier Boris Johnson. Die von ihm auferlegte Zwangspause fürs Parlament ist illegal. Viele Fragen stehen offen.

Das Wichtigste in Kürze
- Boris Johnson hatte dem britischen Parlament eine Zwangspause verordnet.
- Das oberste britische Gericht sieht diese Massnahme als illegal an.
- Eine weitere herbe Niederlage für den britischen Premierminister.
Und wieder ein grosses Fragezeichen in der ganzen Brexit-Chose: Was passiert nun mit Premier Boris Johnson?
Heute Dienstag erklärte die Vorsitzende des obersten britischen Gerichts, Brenda Hale, dass Boris Johnsons Rat an die Queen das Parlament zu vertagen «rechtswidrig» war. Dies, weil er die konstitutionelle Funktion des Parlaments unterbunden hatte, ohne die Massnahme der Zwangspause genügend zu rechtfertigen.

Was bedeutet das Urteil?
Das Urteil der Richter ist in vielerlei Hinsicht spektakulär. Vorab hat der Entscheid einen grossen Einfluss auf den Verlauf des Brexit. Boris Johnson hatte die Abgeordneten in die Zwangspause geschickt, um zu verhindern, dass das Parlament Einfluss auf den Brexit-Kurs der Regierung nehmen kann. So zumindest die Leseart gemäss Urteil.
Johnson wollte Grossbritannien am kommenden 31. Oktober aus der Europäischen Union führen – komme, was wolle. Ob das der Regierung Johnson nach diesem Urteil gelingen kann, ist offen. Klar ist: Mit dem Urteil sind die Gegner eines ungeordneten Brexits im Parlament gestärkt worden.

Zudem hat das Urteil eine historische Bedeutung. Noch nie gab es in Grossbritannien einen solchen Zwist zwischen der Regierung und dem Parlament – es herrschte Vertrauen zwischen den Institutionen. Doch mit Johnsons Zwangspause ist die Harmonie verflogen.
Das Urteil könnte darum auch Auswirkungen auf die Verfassung haben. Grossbritannien kennt keine geschriebene Form davon. Nun dürften, ob dem Urteil, die Forderungen nach einer geschriebenen Verfassung laut werden.
Muss Boris Johnson nun zurücktreten?
Nachdem das höchste britische Gericht Johnsons Zwangspause nun als illegal gebrandmarkt hat, sitzt er so ziemlich im Schlamassel. Denn: Der Premier hat demnach nicht nur gesetzeswidrig gehandelt, sondern auch die Queen, die der Zwangspause zustimmen musste, getäuscht und sie damit arg in Verlegenheit gebracht.
Es verwundert kaum, dass kurz nach der Urteilsverkündung bereits die ersten Rücktrittsforderungen an die Adresse von Boris Johnson eingingen. Etwa von Labour-Chef Jeremy Corbyn oder von der schottischen Regierungschefin Nicola Sturgeon.

Ein weiteres Szenario wäre, dass an der morgigen Sitzung im Unterhaus ein Misstrauensvotum gegen Johnson eingebracht wird. Denn bereits am Mittwoch nehmen die Abgeordneten wieder ihre Arbeit auf.
Sollte ein Votum durchkommen, dürfte es im Erfolgsfall zu Neuwahlen kommen – was Johnson ursprünglich beabsichtigt hatte. Ob er aber bei Neuwahlen gestärkt aus der Geschichte herauskommen wird, ist fraglich.
Kommt es nun erneut zu einer Brexit-Verschiebung?
Dies ist durchaus möglich. Obwohl Johnson am 31. Oktober festhalten will, werden die Parlamentarier auf eine Verschiebung drängen.
Selbst die euroskeptische Brexit Party um Nigel Farage sieht eine Verschiebung des Austrittsdatums für unausweichlich. Johnson müsse eine Verlängerung bei der EU beantragen. Es wäre die nächste grosse Niederlage für Johnson.