SRF-Russlandkorespondentin Luzia Tschirky wurde in Belarus für einige Stunden festgesetzt. Ein Druckmittel der Regierung, das Journalisten Angst machen soll.
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Luzia Tschirky ist Korrespondentin beim Schweizer Fernsehen SRF. - SRF
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Das Wichtigste in Kürze

  • Journalistin Luzia Tschirky war in Minsk zwischenzeitlich verhaftet worden.
  • Kein Einzelfall – Regierungen nutzen Festnahmen gerne als Druckmittel.

Für rund drei Stunden befand sich SRF-Korrespondentin Luzia Tschirky am Sonntag in der weissrussischen Hauptstadt Minsk in Polizeigewahrsam. Die Journalistin sei gemäss eigenen Angaben auf der Strasse unterwegs gewesen, als sie verhaftet wurde. «Männer in Masken zogen uns in den Minibus ohne Erklärung», erklärte die SRF-Frau nach ihrer Freilassung auf Twitter.

Die Umstände der vorübergehenden Festnahme sind unklar. Arbeitgeber SRF reagierte Empört auf die mehrstündige Festnahme. «Wir sind befremdet, dass unsere Korrespondentin auf offener Strasse und ohne Grund verhaftet worden ist und verurteilen dieses Vorgehen der Behörden von Belarus aufs Schärfste», liess SRF verlauten.

Grundlose Verhaftung hat System

Dass weissrussische Ordnungskräfte rabiat gegen Journalisten vorgehen, ist nichts Neues. Seit den anhaltenden Protesten gegen Machthaber Alexander Lukaschenko haben sie aber deutlich zugenommen.

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Belarussischer Präsident Alexander Lukaschenko - BELTA/AFP/Archiv

Das Regime versucht unabhängige Berichterstattungen über das Land systematisch zu verhindern und zu torpedieren. Am einfachsten gelingt ihr das mit dem Entzug der Akkreditierungen der Journalisten. Aber auch mit Verhaftungen und Landesverweisen ausländischer Korrespondenten.

Vergangenen Oktober hatte Belarus beispielsweise allen für ausländische Medien tätigen Journalisten die Akkreditierung entzogen. Ein russischer Kameramann und sein Assistent, die für das ARD arbeiteten, wurden vorübergehend in Gewahrsam genommen. Danach wurden sie des Landes verwiesen und mit einem fünfjährigen Einreiseverbot belegt.

Weissrussische Medienschaffende für Wochen in Haft

Heftiger trifft es die eigenen Journalisten. Die belarussische Medienschaffende Julia Slutskaja sitzt beispielsweise seit Wochen hinter Gittern. Sie ist Gründerin des «Presseklub Belarus» welcher sich für die Fort- und Weiterbildung von Journalisten einsetzt. Am 22. Dezember wurde sie am Flughafen von Minsk verhaftet und 24 Stunden verhört – ohne Anwalt. Nun soll sie wegen Steuerhinterziehung angeklagt werden. Beweise dafür haben die Ermittler keine vorgelegt.

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Lukaschenkos Machtapparat geht heftig gegen Kritiker vor. - Keystone

Am 12. Januar verschwand auch der bekannte Journalist Andrej Alexandrow. Erst ein Tag später erfuhr sein Anwalt davon. Zunächst wurde ihm «grobe Verletzung der öffentlichen Ordnung in Minsk» vorgeworfen. Später die «Finanzierung» von Teilnehmern an den Massenunruhen und Protesten. Gleichzeitig warten sieben weitere belarussische Journalisten in Haft auf einen Strafprozess. Unklar bleibt auch, was ihnen bei einer Verurteilung droht.

Keine Einzelfälle: Hunderte Journalisten erfahren täglich Gewalt, Drohungen, Repressalien, Verfolgung und Druck jeglicher Art von Seiten des Staates. Allein am Wahltag, dem 9. August 2020 wurden 363 Medienvertreter verhaftet.

Lukaschenko kokettiert bei Putin

Dass nun SRF-Journalistin Luzia Tschirky verhaftet wurde, dürfte fest mit den aktuellen regierungskritischen Protesten in Russland zusammenhängen. Über die Demos in Städten wie Moskau und St. Petersburg berichtet die Korrespondentin noch am Sonntagmorgen.

Auf Twitter schrieb sie zudem: «Ein Zeichen, dass der Kreml Strategien von Lukaschenko übernimmt», die nur eine Richtung kenne: «Repression.» Das war dem Lukaschenko-Regime offenbar zu viel.

Gleichzeitig kokettiert das Regime mit ihrer Verhaftung aber auch bei Putin und zeigt «Solidarität» mit dem Starken Mann im Kreml. Schliesslich sieht man sich ähnlichen kritischen Massenprotesten und Medienberichten gegenüber.

Drohgebärde bleibt

Dass Tscherky sobald wieder auf freiem Fuss stand, dürfte den diplomatischen Bemühungen der Schweiz als auch den wirtschaftlichen Interessen Weissrusslands zu verdanken sein.

Dennoch bleibt die Verhaftung als Drohgebärde an ausländische Medienschaffende zu verstehen. Journalisten sollen mit solchen Repressionen schikaniert und eingeschüchtert werden. Ein Mittel, welches autokratische Staaten immer wieder gegen kritische Stimmen einsetzen und in deren Deutlichkeit es heute Sonntag Luzia Tschirky erfahren musste.

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