Franken

Uhren aus Wichtrach BE für den Sultan von Brunei

Frank Jutzi, Berner Uhrmacher-Rhabilleur, revidiert und restauriert mit Sorgfalt Uhren aller Art in seinem Atelier in Wichtrach BE.

Uhrmacher Frank Jutzi
Uhrmacher Frank Jutzi inmitten seines Lagers voller antiker Uhren. - Daniel Zaugg

Es tickt und pendelt unaufhaltsam, wenn man das Uhren-Atelier von Frank Jutzi an der Bernstrasse 6 in Wichtrach BE betritt. Das Lokal ist sowohl Arbeitsstätte als auch Verkaufsladen zugleich. Zwei Mitarbeitende und ein Lernender beugen sich im Hintergrund über ihre Präzisionsarbeit. Uhren, Uhren soweit das Auge reicht!

Der Geschäftsinhaber, Frank Jutzi, führt uns in den Keller, wo sich das Lager befindet, Zentimeter um Zentimeter reiht sich in den Gestellen eine Uhr an die andere. Hier befinden sich vor allem Uhren, die dem Experten Jutzi von Privatpersonen zum Kauf angeboten werden.

«Momentan ist unser Lager an Uhren so umfangreich, dass wir nur noch spezielle Stücke für den Ankauf annehmen», steht notgedrungen auf Jutzis Website antike-uhren.ch.

Ausgefallene Eigenkreationen

Zurzeit ist der 62-jährige Uhrmacher gleich mit sechs eigenen Uhren-Kreationen beschäftigt, wie er verrät.

Er erwähnt besonders eine Tischuhr, welche mit Edelsteinen bestückt ist. Als Raffinesse baut er ein Mysterieuse-Tourbillon über die Uhr. Die Zeit wird über einen Minutenzeiger und eine Scheibe für die springende Stunde angezeigt.

Frank Jutzi mit einer seiner Eigenkreationen
Frank Jutzi mit einer seiner Eigenkreationen in seinem Atelier in Wichtrach BE. - Daniel Zaugg

Die Eigenkreationen sind denn auch die grosse Leidenschaft und Herausforderung von Frank Jutzi, alles sind Unikate, die man sonst nirgends findet.

«Ich stelle mir selbst eine Aufgabe und suche nach einer mechanischen Lösung. Sobald ich diese gefunden habe, schwindet aber mein Interesse», lacht er.

Persönlich

Frank Jutzi wurde 1963 geboren und wuchs in Bern auf. Nach der Lehre als Uhrmacher-Rhabilleur machte er sich 1985 selbstständig im Fischermätteliquartier in Bern. Seit 2003 befindet sich sein Uhren-Atelier mit zwei gelernten Uhrmacher/innen und einem Lernenden in Wichtrach. Frank Jutzi ist verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder und wohnt in Wichtrach.

Wenn er von seinen Werken erzählt, gewinnt man den Eindruck, es handle sich um «seine Kinder», die er eigentlich am liebsten alle behalten möchte. Er sei nicht der beste Kaufmann, gesteht er. Und dennoch: Sämtliche Uhren sind auf seiner Website aufgeführt und werden zum Verkauf angeboten, Preis auf Anfrage...

Und jährlich präsentiert Frank Jutzi seine Kreationen eine Woche lang in Genf an der Messe «Time to watches», wo sich Hersteller, Sammler und Uhren-Liebhaber aus verschiedenen Nationen treffen.

Seine Werke verlassen auch mal die Schweiz: «Über einen Silberschmied in London konnte ich einige Tischuhren mit Bergkristallplatte an den Sultan von Brunei verkaufen», so Frank Jutzi. «Da ging ein Stück so um die 100‘000 Franken über den Tresen – aber ich musste schon ein wenig arbeiten dafür», räumt er bescheiden ein. Etwa drei Monate musste er pro Uhr aufwenden.

Frühe Selbstständigkeit

Was hat Frank Jutzi anfangs der 1980er-Jahre dazu bewogen, den damals schon seltenen Beruf des Uhrmachers zu lernen?

«Es war die Mechanik, die mich heute noch fasziniert: Etwas ohne elektrischen Antrieb zum Laufen zu bringen!», begründet er seinen Berufsentscheid.

Wie stehst du zu alten und antiken Uhren?

Sein Vater sei Künstler gewesen und er habe ihn oft an Ausstellungen begleitet. Die kinetischen Objekte von Jean Tinguely (1925 – 1991) hätten ihn stets mehr interessiert als «tote Kunst». «Einfach Bilder anschauen war und ist nicht mein Ding!», so Frank Jutzi dezidiert.

So absolvierte er in Bümpliz die vierjährige Grundbildung als Uhrmacher-Rhabilleur und wagte den Schritt in die Selbstständigkeit in Bern gleich nach erfolgreichem Lehrabschluss 1985.

«Ich habe bescheiden angefangen, schlief in der Mansarde. Zwei Räume im Erdgeschoss dienten als Atelier und Laden. Wohnen und Arbeiten bildeten eine Einheit», blickt Frank Jutzi 40 Jahre zurück.

Antike Turmuhr
Eine antike Turmuhr im Atelier von Uhrmacher Frank Jutzi in Wichtrach BE. - Daniel Zaugg

Info

Uhrmacher/in EFZ

Uhrmacherinnen und Uhrmacher bauen Uhren zusammen, warten und reparieren sie. Im Labor wenden sie verschiedene Prüf- und Kontrollverfahren an. Beim Schwerpunkt Rhabillage konzentrieren sie sich auf die Reparatur, beim Schwerpunkt Industrielle Methoden auf industrielle Prozesse in der Produktion.

Ausbildungsdauer

4 Jahre

Schwerpunkte

- Rhabillage

- Industrielle Methoden

Bildung in beruflicher Praxis

In einem Betrieb der Uhrenindustrie oder in einem Uhrenfachgeschäft

Schulische Bildung

1,5 Tage pro Woche an der Berufsfachschule

Vorbildung

Obligatorische Schule abgeschlossen

Anforderungen

- Handwerkliches Geschick

- Fähigkeit, sich Sachen räumlich vorzustellen

- Logisches Denken

- Gute Auffassungsgabe

- Technisches Verständnis

- Konzentrationsvermögen

- Ordnungs- und Sauberkeitssinn

- Normale Sehfähigkeit (auch korrigierte Sehschärfe)

Abschluss

Uhrmacher/in EFZ

Weiterbildungsmöglichkeiten

- Angebote von Fach- und Berufsfachschulen sowie vom Arbeitgeberverband der Schweiz. Uhrenindustrie, cpih.ch

- Höhere Fachprüfung (HFP): Zum Beispiel Uhrmachermeister/in

- Höhere Fachschule (HF): Bildungsgänge in verwandten Fachbereichen, zum Beispiel dipl. Mikrotechniker/in HF.

- Fachhochschule (FH): Studiengänge in verwandten Bereichen, zum Beispiel Bachelor of Science in Mikrotechnik oder Bachelor of Arts in Produkt- und Industriedesign.

Infos

- Arbeitgeberverband der Schweizerischen Uhrenindustrie, La Chaux-de-Fonds; cpih.ch/de

- Verband Schweizer Goldschmiede und Uhrenfachgeschäfte VSGU, Sursee; vsgu-ashb.ch

Quelle

berufsberatung.ch

2003 vergrösserte er sein Geschäft und zog nach Wichtrach, 2023 verlegte er sein Atelier – nochmals erweitert – an den heutigen Standort an der Bernstrasse 6.

Die Kerntätigkeiten des Uhren-Ateliers Jutzi konzentrieren sich auf Reparaturen, hauptsächlich von Antikuhren wie beispielsweise Neuenburger Pendulen. «Die Kunden kommen aus der ganzen Schweiz zu uns», ergänzt Frank Jutzi nicht ohne Stolz. Eine Uhr habe früher einen höheren Stellenwert genossen als heute, neben der funktionellen Seite sei sie auch als Schmuckstück wahrgenommen worden.

Heute sei sie mehr und mehr zum Verbrauchsartikel geworden, bedauert der Fachmann, die Wertschätzung sei geringer. Auch gab es vor 40 Jahren noch kein Internet mit Auktionshäusern wie beispielsweise Ricardo.

Und eine weitere Entwicklung, welche die Reparaturen beeinflusst (und einschränkt): «Bis vor kurzem erhielt man von Uhrenherstellern problemlos die Ersatzteile zur Reparatur, nicht selten sogar gratis. Heute stellen die Produzenten keine Teile mehr zur Verfügung, sie reparieren die Uhr selber oder übergeben sie dem entsprechenden Markenvertreter», bemängelt Frank Jutzi.

Keine Nachwuchsprobleme

Bisher bildete Frank Jutzi in seinem Betrieb gegen zehn Lernende erfolgreich aus. Deshalb ist das Uhren-Atelier Jutzi eine gesuchte Adresse.

Die Berufsberatungs- und Informationszentren (BIZ) im Kanton Bern verweisen denn auch Interessenten meist nach Wichtrach. Zurzeit bildet die Belegschaft von Frank Jutzi einen lernenden Uhrmacher-Rhabilleur aus.

Niall Moser ist in seinem 1. Lehrjahr
Niall Moser ist in seinem 1. Lehrjahr zum Uhrmacher-Rhabilleur. - Daniel Zaugg

Niall Moser, Lernender im 1. Lehrjahr, war «vorbelastet»: Sein Götti sei Uhrmacher und betreibe in Solothurn eine eigene Werkstatt.

«Ich durfte einmal mit seiner Hilfe eine Uhr zusammenbauen – das war cool», sagt der angehende Uhrmacher. Er schnupperte anschliessend in der Schweizer Uhrenmanufaktur ETA in Grenchen und bei Frank Jutzi.

Da hatte er keine Zweifel mehr an seiner Berufswahl. Im ersten Lehrjahr sei er vor allem mit Grossuhren beschäftigt, «die Kleinuhren stehen noch bevor», beantwortet er unsere entsprechende Frage. Niall bezeichnet sich selbst als ausdauernd und geduldig.

Deshalb liebt er besonders das «Knifflige», was Durchhaltewille erfordert. Parallel zur Grundbildung besucht er die Berufsmaturitätsschule. Nach Lehrabschluss möchte er sich weiterbilden; in welche Richtung ist er sich noch nicht schlüssig. Nun, er hat noch drei Jahre Zeit.

Kommentare

Weiterlesen

Uhrenobservatorium
1 Interaktionen
Bern
uhren
1 Interaktionen
USA belasten Bilanz
Gianluigi Buffon
2 Interaktionen
Grosse Namen

MEHR FRANKEN

aargauerin
1 Interaktionen
Euro Millions
Sport
Winterthur
raser blitzer
50 Interaktionen
Wohnt hier
Spitäler
20 Interaktionen
Trotz Umsatzanstieg

MEHR AUS AGGLO BERN

Zollikofen
Zollikofen
Aare-Drive-In in Bern
3 Interaktionen
Neues Konzept