Landgasthof in Richigen: Aus dem «Rössli» wird «Rossmarie»
Der Name soll einen Neubeginn signalisieren, aber ans traditionsreiche «Rössli» erinnern: Der Landgasthof in Richigen, Gemeinde Worb, heisst neu «Rossmarie».

Das Wichtigste in Kürze
- Helene und Roland Bieri führen neu den traditionsreichen Landgasthof «Rössli» in Richigen.
- Die beiden bekamen einen Vertrag zur Zwischennutzung für vorerst zwei Jahre.
- Das «Rossmarie» getaufte Lokal soll zu Begegnungsstätte für alle werden.
«Behäbig», das Adjektiv, das man gemeinhin für Berner Landgasthöfe verwendet, wäre im Fall des «Rössli» stark untertrieben. Das denkmalgeschützte, mehr als 150 Jahre alte Ensemble in Richigen bei Worb ist riesig.
Unter anderem gibt es drei Gaststuben, eine Terrasse und ein Grotto. Zudem einen Saal für bis zu 70 sitzende oder 200 stehende Gäste und eine Wirte-Wohnung. Rund ums Haus sind Parkplätze, dazu eine Postautostation direkt vor der Haustüre.
Ein solches Unternehmen gewinnbringend zu führen, hört sich wie eine kolossale Aufgabe an. Kein Wunder, ereilte das «Rössli» im Herbst 2024 das Schicksal vieler Landbeizen: Der letzte Pächter musste Konkurs anmelden.
Erfolg mit Bar-Bara
Hier kommen Helene und Roland Bieri ins Spiel. Die zwei sind über Worb hinaus bekannt für ihre «Bar-Bara», eine Pop-up-Sommerbar in einem ausrangierten, liebevoll umgebauten Baucontainer.
Helene und Roland öffneten die Bar erstmals 2021 für zwei Monate. Inzwischen ist die «Bärble» zu einer Attraktion für Gäste aus nah und fern geworden. Diesen Sommer war sie am Ufer der Worble in Betrieb.

«Wir suchen ständig nach attraktiven Standplätzen für die Bar-Bara», sagt Helene Bieri. So stiess das Paar, beide Mitte vierzig, auf die Terrasse des «Rössli». Bald jedoch reifte ein kühner Gedanke: «Wieso nicht das Ganze übernehmen?»
Helene und Roland Bieri bekamen einen Vertrag zur Zwischennutzung für vorerst zwei Jahre. Denn die Eigentümer planen, das Gebäude zu Wohnungen umzubauen und dahinter eine Tiefgarage und neue Wohnhäuser zu errichten. Doch Planung und Bewilligungsverfahren brauchen Zeit; diese wird jetzt von der «Rossmarie» überbrückt.
Wirtepatent erworben
Die Eltern eines 14-jährigen Sohnes und einer 13-jährigen Tochter planten das Abenteuer sorgfältig. Roland behielt seinen 90-Prozent-Job als Betriebsleiter Wasser/Abwasser der Gemeinde Worb.
Helene hingegen kündigte ihre 50-Prozent-Stelle bei der Arbeitslosenkasse und erwarb das Wirtepatent. Am 10. Juni wurde die Rossmarie Event GmbH gegründet.

Einige Räumlichkeiten des Gasthauses wurden mit Hilfe freiwilliger Helferinnen und Helfer sowie professioneller Maler und Elektriker sorgfältig aufgefrischt. So verleiht eine Tapete mit Dschungel-Motiven der grossen Gaststube einen weltläufigen Touch.
Der Saal erhielt einen grünen Anstrich und fröhlich zusammengewürfeltes Secondhand-Mobiliar. Neue Bier-Leitungen und Zapfhahnen wurden installiert. Dank einer neuen Anrichte mit Bar können Terrasse und Gaststube gleichzeitig bedient werden.

Begegnungsstätte für alle
Wie aber soll das Konzept aussehen, um genügend Gäste anzulocken? Wie kann man die Personalkosten unter Kontrolle behalten? Und wie bietet man als Betreiberpaar seinen halbwüchsigen Kindern gleichzeitig ein Familienleben?
Die Antwort auf die zweite und dritte Frage ist einfach: Helene Bieri schmeisst den Laden mehr oder weniger allein.
Montag, Dienstag und Mittwoch ist das «Rossmarie» geschlossen. Am Donnerstag ist von 08:30 bis 11:30 und von 16:00 bis 23:00 Uhr geöffnet, am Freitag von 08:30 bis 11:30 und 16:00 bis 00:30, jeden zweiten und vierten Samstag im Monat von 16:00 bis 00:30 Uhr, und jeden vierten Sonntag im Monat wird von 09:00 bis 14:00 Uhr ein Brunch offeriert.

Die Speisekarte ist klein: kalte Fleisch- und Käseplatten, im Winter Fondue, Flammkuchen aus dem Pizza-Ofen. Und ab sofort ist der Event-Grill in der Pergola auf der Terrasse ab vier Personen buchbar.
Gäste beziehen das Fleisch im Lokal und legen es selber auf den Grill. Alle Produkte kommen übrigens aus der Umgebung.
Das Wichtigste zuletzt: Die «Rossmarie» soll zu einer Begegnungsstätte werden, wo man sich zum Kaffee trifft. Wo am Stammtisch fröhliche Runden stattfinden, im Saal Feste feiert, wo Lesungen, Diskos, Dorftheater und ähnliches veranstaltet werden.

Roland und Helene organisieren zudem Events, im Oktober etwa ein Pub Quiz oder eine Halloween Party. «Wir möchten über die Region hinaus bekannt werden», sagt Roland Bieri – mindestens für die nächsten zwei Jahre.








