BärnerBär zu Besuch bei den Meerjungfrauen Bern
Einmal Meerjungfrau sein: Seit zehn Jahren verzaubern Silvia Malagon Y Alea und ihre Kollegin Kinder und Erwachsene in Gümligen mit Mermaiding-Schwimmkursen.

Einmal Meerjungfrau sein! Was klingt wie der Traum eines kleinen Mädchens, hat Silvia Malagon Y Alea zusammen mit einer Kollegin auch für Erwachsene Wirklichkeit werden lassen.
Seit zehn Jahren bieten sie Schwimmkurse im Mermaiding an, sorgen aber auch für unvergessliche Geburtstags- und sonstige Partymomente.
Der BärnerBär hat sie im Schulschwimmbad Melchenbühl in Gümligen besucht, wenn auch vorerst nur bis zum Beckenrand.
«Alles begann eigentlich mit dem Traum meiner damals sechsjährigen Tochter, die wie eine Meerjungfrau schwimmen wollte», erzählt Silvia Malagon Y Alea. Und als ehemalige DDR-Leistungsschwimmerin war das Wasser schon immer ihr und später auch das Element ihrer Kinder.
«Seit ich vier Jahre alt war, lebte ich sozusagen im Wasser!», fügt sie mit einem Schmunzeln hinzu. Doch als ihre Tochter sich in die Idee verliebte, mit einer Flosse durchs Becken zu gleiten, merkte Silvia Malagon Y Alea rasch: In der Schweiz gab es zu diesem Zeitpunkt weder Kurse noch die geeigneten Flossen.
Selbst ist die (Meerjung-)Frau
Sie fand eine Bezugsquelle für Flossen in Deutschland, deren Qualität sie allerdings nicht restlos begeisterte. Also begann sie mit deren Import aus den USA.
Und woher hatte sie die Schwimmtechnik? «Als Schwimmerin war ich mit allen möglichen Techniken vertraut, die zur Fortbewegung im Wasser dienen. Mein Sportstudium half mir ebenfalls und so waren die Entwicklungen von Kursen, der Aufbau einer Kursleiterausbildung für Sicherheitsstandards bei den Leitenden und das Konzipieren von Events und Lehrmitteln für mich relativ leicht.»

Und damit war der Anfang einer Leidenschaft gemacht, die bald weit mehr wurde als ein Mutter-Tochter-Projekt.
Später kam für ein paar Jahre ein Laden in Köniz dazu, gefüllt mit allem, was die Fantasie nährt: schillernde Stoffe, glitzernde Flossen, Perlenhaarreifen und ein Hauch von Kindheitstraum, der nie ganz erwachsen werden wollte.
Jahrhundertealte Faszination
Die Faszination für Meerjungfrauen ist alt, präziser gesagt, uralt. Von antiken Sagen über Hans Christian Andersen bis hin zu den Disney-Filmen: Jede Zeit und jede Kultur formte ihre eigenen Wesen aus Wasser und Sehnsucht.
Schliesslich verkörpern Meerjungfrauen mehr als nur Märchenfiguren. Sie stehen für Freiheit und Unabhängigkeit, für ein Leben ausserhalb festgezurrter Regeln.
Das Meer selbst ist Symbol grenzenloser Möglichkeiten, ein Ort, an dem man sich vorstellen darf, anders zu sein, leichter, ungebundener.
Mermaiding ist eine Sportart
«Dennoch muss man damit rechnen, dass man belächelt wird, wenn man sagt, sein Hobby sei Mermaiding», sagt Silvia Malagon Y Alea. «Das ist aber gar nicht schlecht, gerade auch für junge Menschen. Sie lernen dadurch, selbstbewusst für etwas einzustehen, das ihnen Freude macht.»
Und was viele überraschen mag: Mermaiding ist inzwischen ein ernstzunehmender Sport, der dank des unermüdlichen Enthusiasmus von Silvia auch Swissolympic angegliedert ist.
«Mermaiding erfordert starke Bauchmuskeln, man muss seinen Atem mittels Apnoetechniken kontrollieren können und es erfordert viel Körperbeherrschung», erklärt die Schwimmerin.
«Inzwischen finden auch sogenannte ‹Merlympics›, also eine Art Olympischer Spiele, statt.» Dazu kommt der unverkennbare ästhetische Zauber: ein elegantes Wesen im Wasser, das mit seinen farbenfrohen Flossen im Schein der Schwimmbeckenbeleuchtung schimmert und glitzert.
Meditative Bewegungen
Was sie selbst am Schwimmen in dieser Halbkörperflosse am meisten liebt? «Nicht das Romantische!», sagt sie lachend.
«Für mich ist es die Stille unter Wasser. Ein Moment, in dem alles verschwimmt: Sorgen, Lärm, Alltag. Und durch die spezielle Bewegung entsteht etwas Meditatives, fast Beruhigendes», führt sie aus.

«Und natürlich die leuchtenden Farben», sie deutet auf ihre Flosse, «die unter Wasser im Licht so wunderschön glitzert».
Junggesellenabschied im Meerjungfrauenstyle
Die Zielgruppe ist denn auch längst breiter geworden: Nicht nur Mädchen, sondern auch Buben und Erwachsene kommen in ihre Kurse.
Ausserdem werden die «MYAMAIDS», wie sie sich nennen, für Geburtstagspartys, Showauftritte, für Werbeaufnahmen oder für Junggesellenabschiede gebucht.
Wie muss man sich denn einen Junggesellenabschied in Meerjungfrauflossen vorstellen? «Sehr lustig!», sagt Silvia Malagon Y Alea mit einem Augenzwinkern. «Allerdings müssen die Teilnehmer nüchtern sein, das ist die Voraussetzung.»
Dann würden sie mit Monoflossen ausgestattet und los geht’s! «Wir hatten mal eine Gruppe Taucher, die waren nach vielen anfänglichen Sprüchen dann doch ziemlich beeindruckt, wie anspruchsvoll das Ganze ist. Am Schluss fühlten sie sich jedenfalls ziemlich erledigt und verzichteten auf die anschliessend noch geplante Beizentour!»

Und damit gleitet sie in das Element, das sie seit ihrer frühesten Kindheit nie losgelassen hat. Geschmeidig schlängelt sie sich durchs Wasser, die anderen Teilnehmerinnen, die inzwischen ihre Flossen angezogen haben und fürs Training bereit sind, folgen ihr.
Wir schauen noch eine Weile zu und wissen nun, warum Mermaiding als Sportart gilt. Und wir sehen ausserdem den Traum eines Kindes, der zur Erfolgsgeschichte wurde.
Weil Silvia Malagon Y Alea sich nicht beirren liess und ihren Weg ging – oder in ihrem Fall – schwamm.








