Zweisprachigen autistischen Kindern fällt es leichter, sich in andere Menschen hineinzufühlen, als Gleichaltrigen, die nur eine Sprache sprechen.
Autismus
Auch Kinder können von der «Löffel-Therapie» profitieren. - Depositphotos

Das Wichtigste in Kürze

  • In einer Studie schnitten zweisprachige autistische Kinder in einigen Aspekten gut ab.
  • Die Zweisprachigkeit könne autistischen Kindern als eine «Art natürliche Therapie» dienen.
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Menschen mit der Aufmerksamkeitsstörung Autismus wird nachgesagt, sich nicht in andere Menschen hineinfühlen zu können. Eine im Fachmagazin «Autism Research» erschienene Studie zeigt nun, dass zweisprachigen Kindern dies allerdings leichter fällt als Gleichaltrigen, die nur eine Sprache sprechen.

Als Theory of Mind bezeichnen Fachleute die Fähigkeit, Gefühle, Bedürfnisse, Ideen, Absichten, Erwartungen, Meinungen und Motive anderer zu erkennen. Bei Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung ist dies für gewöhnlich nur schwach ausgeprägt.

Das internationale Forschungsteam mit Beteiligung der Universität Genf stellte 103 autistischen Kindern und Jugendlichen nun Aufgaben, um diese Fähigkeit zu bewerten, 43 von ihnen waren zweisprachig. Demnach gaben diejenigen, die zwei Sprachen sprechen, in 76 Prozent der Fälle die richtige Antwort, bei den einsprachigen Kindern und Jugendlichen waren es 57 Prozent.

Ebenfalls untersuchten die Forschenden die sogenannten Exekutivfunktion der Teilnehmenden, also etwa wie gut sie ihre Aufmerksamkeit lenken und wie flexibel sie handeln können. Auch hier schnitten die Zweisprachigen besser ab, womit sich frühere Studienergebnisse bestätigen liessen.

Zweisprachigkeit dient als «eine Art natürliche Therapie»

Wie erklären sich die Forschenden diese Unterschiede? «Die Zweisprachigkeit verlangt vom Kind, dass es zunächst an Fähigkeiten arbeitet, die direkt mit der Theory of Mind zusammenhängen», liess sich Erstautorin Eleni Peristeri von der griechischen Universität Thessalien in einer gemeinsamen Mitteilung ihrer Hochschule und der Uni Genf zitieren. Demnach müsse sich ein zweisprachiges Kind ständig mit seinem Gegenüber befassen und beurteilen, welche Sprache gerade gesprochen werde und in welcher Sprache es antworten möchte. Danach fokussiere sich das Kind auf die eine Sprache, während es die andere ausblende.

Aus den Analysen ging zudem hervor, dass der sozioökonomische Status der Familien keinen Einfluss auf die Ergebnisse bezüglich der Mehrsprachigkeit hatte.

Nach Ansicht der Forschenden ist nun klar, dass Zweisprachigkeit autistische Kinder keineswegs in Schwierigkeiten bringt, «sondern im Gegenteil diesen Kindern helfen kann, verschiedene Aspekte ihrer Störung zu überwinden, indem sie als eine Art natürliche Therapie dient», sagte die Linguistin Stéphanie Durrleman von der Uni Genf.

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