Das Gletscherschmelzen ist in vollem Gange. Forscher der ETH Zürich rechneten aus, wie wir aus dem Worst-Case-Szenario ohne Gletscher das Beste machen können.
Gletscher Stausee
Der Emosson Staudamm im Kanton Wallis. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Bis Ende des Jahrhunderts werden viele Gletscher weggeschmolzen sein.
  • Anstelle der Gletscher könnten Stauseen Energie liefern und als Wasserspeicher dienen.

Wo Gletscher wegschmelzen, könnten künftig Stauseen entstehen. Sie könnten die schwindende Speicherfunktion der Eismassen teils kompensieren und darüber hinaus Energie erzeugen. Forschende der ETH und WSL berechneten das weltweite Potenzial dafür.

Wenn das Eis zurückweicht, entstehen neue, unberührte Landschaften. Sollte man sie unter Schutz stellen? Oder könnten dort neue Stauseen entstehen, die dringend benötigte nicht-fossile Energie liefern?

ETH Zürich liefert Zahlen zu Gletscher Alternative

Zu dieser Debatte trägt ein Forschungsteam der ETH Zürich und der Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft nun Zahlen bei. Das Team um Daniel Farinotti berechnete das weltweite Speicher- und Wasserkraftpotenzial, das in Stauseen bei weggeschmolzenen Gletschern steckt.

Die Glaziologen fokussierten auf Gletschergebiete, die durch den Klimawandel bis Ende des Jahrhunderts mehr oder weniger eisfrei sein werden. Dort platzierten sie virtuell eine Staumauer am heutigen Ende jedes Gletschers.

permafrostboden
Der Aletschgletscher ist flächenmässig der grösste und längste Gletscher der Alpen. Auch er kämpft gegen erhöhte Temperaturen beim Permafrostboden. - Keystone

Dabei wählten sie die Standorte so, dass nicht nur der wirtschaftliche Ertrag am grössten war. Sie beachteten auch, dass negative Auswirkungen auf die Landschaft möglichst gering ausfielen. Das hielten die ETH und die WSL in einer gemeinsamen Mitteilung fest.

Energiegewinnung um 13 Prozent steigerbar

Für die gewählten 185'000 Standorte berechneten die Forschenden ein maximales, theoretisches Wasserkraftpotenzial von 1350 Terawattstunden pro Jahr. Das entspricht etwa ein Drittel der heutigen weltweiten Wasserkraftproduktion.

Stauesee wasserkraft
Ein Stausee im Val Nalps im Kanton Graubünden. (Symbolbild) - keystone

Nach einer zusätzlichen Eignungsprüfung der Standorte reduzierte sich dieser Wert auf eine konservativere Schätzung von 533 Terawattstunden pro Jahr: Dies bedeutet, dass sich die heutige Energiegewinnung aus Wasserkraft um 13 Prozent steigern liesse.

Stauseen wären nicht nur Energielieferant

Die Stauseen würden allerdings nicht nur der Stromproduktion dienen. Sie könnten auch die schwindende Funktion der Gletscher als Wasserspeicher zumindest teilweise kompensieren.

Ohne Gletscher führen die Flüsse in den Sommermonaten weniger Wasser. Das hat in vielen Weltregionen einschneidende Konsequenzen für Wasserversorgung und Landwirtschaft. Stauseen könnten helfen, dies abzufedern.

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Der heute natürliche Triftsee soll mit einer Staumauer gefasst werden. - sda - KEYSTONE/URS FLUEELER

«Uns als Glaziologen wäre es lieber, dass die Gletscher noch lange existieren. Aber wir wollen mit dieser Studie einen anderen Blickwinkel auf die Gletscherschmelze werfen als Wasserknappheit und steigende Meeresspiegel.» Der Klimawandel lasse dort neue Landschaften entstehen, und damit ergebe sich die Frage, was damit geschehen solle.

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