Selbstlose Fürsorge erhöht Überlebenschancen bei Buntbarschen
Bei einigen Arten von Buntbarschen in Afrika helfen nicht verwandte Gruppenmitglieder bei der Aufzucht von Nachkommen. Dies erhöht die Überlebenschancen der Fische. Forschende der Universität Bern haben in einer Studie erstmals nachgewiesen, wie sich eine solche altruistische Fürsorge durch natürliche Selektion entwickeln kann.

Bei sozialen Insekten wie Ameisen und Honigbienen zum Beispiel lässt sich die kooperative Brutpflege evolutionär leicht erklären, da die Helfer mit ihren Pfleglingen verwandt sind.
«Das ist anders bei kooperativen Buntbarschen, wo viele der Helfer nicht mit dem Paar verwandt sind, dem sie bei der Aufzucht ihrer Nachkommen helfen», wird Studienleiter Michael Taborsky in einer Medienmitteilung der Universität Bern vom Dienstag zitiert.
Die untersuchten Buntbarsche sind hochsoziale Fische, die entlang der Felsküste des Tanganjikasees (Kongo, Tansania, Sambia, Burundi) weit verbreitet sind. Sie bilden Gruppen unterschiedlicher Grösse und arbeiten zusammen, um das Territorium zu verteidigen, Raubfische zu vertreiben und Verstecke auszuheben, die eine sichere Aufzucht der Brut ermöglichen.
Die Tierkunde beschreibt rund 1100 verschiedene Arten von Buntbarschen. Allein in den ostafrikanischen Seen leben knapp 700 Arten. Das Sozialverhalten der Fische ist bereits gut erforscht.
Frühere Studien hatten gezeigt, dass Mitglieder grosser Gruppen aufgrund des besseren Schutzes vor dem massiven Raubdruck, dem sie ausgesetzt sind, besser überleben als solche in kleinen Gruppen. Die Forschenden vom Institut für Ökologie und Evolution der Universität Bern stellten daher die Hypothese auf, dass es für alle Fische einer Gruppe von Vorteil sein könnte, die Gruppengrösse zu erhöhen.
Dies könnte Fische, die sich selbst nicht fortpflanzen, dazu bringen, die Produktivität eines Brutpaares zu unterstützen. Umdiese Hypothese zu prüfen, testeten sie, ob Helfer in kleinen Gruppen eher bereit sind in Brutpflege zu investieren, als in grossen Gruppen.
Nach experimenteller Ausschaltung alternativer Erklärungen, wie zum Beispiel die durch die dominanten Fische erzwungene Hilfe, potenzielle Verwandtschaftseffekte oder die Möglichkeit der Entlastung durch geteilten Arbeitsaufwand in grösseren Gruppen, stellten die Autoren fest, dass Helfer in kleineren Gruppen tatsächlich mehr Hilfe in Form von Abwehr präsenter Eiräuberleisteten.
«Da Eiräuber für die Helfer keine Bedrohung darstellen, wirkt dieses Verhalten altruistisch», erklärt sagt Erstautorin Irene García Ruiz. Gleiches gilt für das Ausgraben der Bruthöhle, eine Dienstleistungder Helfer zum Schutz der Brut.
«Ein wichtiges Ergebnis unserer Studie ist, dass nur grosse Helfer die Abwehr von Eiräubern erhöhten», sagt García Ruiz. Kleine Helfer beschäftigten sich stattdessen mehr mit der Eipflege, wozu auch das Reinigen der Eier und ihre Sauerstoffversorgung gehören.
«Die grössenspezifische Aufgabendifferenzierung von Helfern bei diesen Buntbarschen spiegelt möglicherweise unterschiedliche Fähigkeiten wider, die sowohl Effizienz- als auch Fitnessvorteile der Gruppengrösse für unterschiedliche Altersklassen beeinflussen», erklärt Taborsky.
Zum Beispiel können grössere, höherrangige Individuen, die auf die Übernahme der Brutposition warten, mehr helfen, weil sie mit grösserer Wahrscheinlichkeit das Territorium erben und zusätzliche Vorteile durch die Anzahl der Helfer in der Gruppe erhalten.
Die Ergebnisse dieser Studie bestätigten erstmals experimentell theoretische Vorhersagen, dass sich altruistisch wirkende Hilfe durch natürliche Selektion entwickeln kann, indem sie durch gezielteGruppengrössensteigerung die Überlebenschancen der Brutpflegehelfer langfristig erhöht, schreibt die Universität Bern. Die Forschungsergebnisse wurden in einem Artikel der Zeitschrift «Biology Letters» veröffentlicht.