Bonobos, die «Hippies» unter den Primaten, zeigen mehr Aggressionen als bisher angenommen.
Bonobos (Pan paniscus) sind die nächsten lebenden Verwandten des Menschen.
Bonobos (Pan paniscus) sind die nächsten lebenden Verwandten des Menschen. (Archivbild) - Maud Mouginot/dpa

Schimpansen gelten als konfliktbereit, Bonobos als friedfertig. Nun hat ein Forschungsteam beobachtet, dass männliche Bonobos innerhalb ihrer Gruppe häufiger aggressiv werden als männliche Schimpansen. Die im Fachjournal «Current Biology» veröffentlichte Studie zeigt auch: Bei beiden Arten führt aggressives Verhalten zu grösserem Paarungserfolg.

Schimpansen (Pan troglodytes) und die kleineren, auch Zwergschimpansen genannten Bonobos (Pan paniscus) sind die nächsten lebenden Verwandten des Menschen. Forschende untersuchen beide Arten, um bestimmte Verhaltensweisen auch beim Menschen besser zu verstehen – etwa zur Evolution von Aggression.

Bisher wurde oft angenommen, dass Schimpansen und Bonobos grundlegend verschieden sind: konfliktbereite Schimpansen versus friedfertige Bonobos. Männliche Schimpansen sind dafür bekannt, dass sie Weibchen sexuell nötigen und mitunter Artgenossen töten, sogar Jungtiere. Bei Bonobo-Männchen wurde das bisher nicht beobachtet. Forschende vermuteten daher lange Zeit fälschlicherweise einen geringeren Fortpflanzungserfolg bei diesen Tieren aufgrund fehlender Aggressionen.

Aggressionsvergleich zwischen den Primaten

Ein Forschungsteam um die Anthropologin Maud Mouginot von der Universität Boston verglich nun Aggressionen von Bonobos und Schimpansen. Die Forschenden untersuchten das Verhalten von drei Bonobo-Gruppen im Kokolopori-Reservat in der Demokratischen Republik Kongo und zwei Schimpansen-Gruppen im Gombe-Nationalpark in Tansania.

Insgesamt beobachteten sie 12 Bonobos und 14 Schimpansen, indem sie ihnen den ganzen Tag folgten und jede aggressive Interaktion notierten. Dabei untersuchten sie auch, wem gegenüber die Tiere aggressiv waren und ob sie dabei körperlich wurden oder nicht – etwa ob sie Artgenossen schubsten und bissen oder nur verfolgten.

Bonobo-Männchen häufiger aggressiv als gedacht

Überraschenderweise stellte das Team fest, dass sich männliche Bonobos häufiger aggressiv verhielten als männliche Schimpansen. Zwar verliefen Auseinandersetzungen bei Bonobos meist harmloser. Doch insgesamt zählten die Forschenden etwa dreimal so viele aggressive Interaktionen und körperliche Angriffe bei Bonobos wie bei Schimpansen.

Während männliche Bonobos vor allem gegenüber anderen Männchen aggressiv waren, verhielten sich männliche Schimpansen eher aggressiv gegenüber Weibchen.

Koalitionen: Unterschiede zwischen den Arten

Schimpansen-Männchen bildeten zudem häufiger Koalitionen, um andere Schimpansen anzugreifen. Die Forschenden beobachteten solche Zusammenschlüsse in gut 13 Prozent aller aggressiven Interaktionen, bei Bonobo-Männchen in nur 1 Prozent der Fälle – sie trugen ihre Konflikte also fast immer zu zweit aus.

Solche Koalitionen könnten möglicherweise ein Grund dafür sein, dass aggressives Verhalten bei Schimpansen seltener vorkommt, spekuliert das Team. Wenn ganze Gruppen von Männchen aufeinander losgingen, sei die Gefahr von Verletzungen oder gar Todesfällen grösser.

Aggression und Fortpflanzungserfolg

«Schimpansen und Bonobos setzen Aggression aus bestimmten Gründen auf unterschiedliche Weise ein», wird Mouginot zitiert. Obwohl unterschiedlich eingesetzt, steigere Aggression bei beiden Primatenarten den Fortpflanzungserfolg.

Bei einer Bonobo-Gruppe im Kokolopori-Reservat stammten 80 Prozent der Nachkommen von nur zwei Männchen – jene mit dem ausgeprägtesten Gewaltverhalten, so das überraschende Resultat.

Fazit: «Nett sein» ist nicht immer erfolgreich

«Wir haben nicht erwartet, dass aggressivere Bonobo-Männchen öfter mit Weibchen kopulieren», so Mouginot. Denn während bei Schimpansen die Männchen die ranghöchsten Tiere sind und Weibchen zur Paarung zwingen, dominieren in Bonobo-Gemeinschaften die Weibchen. Mouginot schlussfolgert: «Das bedeutet, dass Bonobo-Weibchen nicht unbedingt die netteren Männchen bevorzugen.»

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Studie