Das Medikament «Epilim» kann ungeborenen Kindern schaden. Trotzdem wurde es an schwangere Frauen verschrieben. Nun wehren sich betroffene Familien.
Murphy und Williams
Emma Murphy (rechts) und Janet Williams setzen sich für eine gerechte Entschädigung der Epilim-Opfer ein. - X / @Emma4facs

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Medikament «Epilim» kann schädlich für die Kinder von schwangeren Frauen sein.
  • Trotzdem wurde es verschrieben – ohne auf die Risiken hinzuweisen.
  • Nun fordern betroffene Mütter aus Grossbritannien Entschädigungen.
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Im Jahr 2009 erhält die Britin Emma Murphy einen Anruf von ihrer Schwester, der ihr Leben verändert. Am Telefon geht es um das Medikament «Epilim», das zur Behandlung von Epilepsie eingesetzt wird. Murphy nimmt es seit ihrem zwölften Lebensjahr ein.

Ihre Schwester berichtet von einer Frau in den Nachrichten. Epilim habe ihren Kindern geschadet, behauptet diese. Murphy sieht sich den Bericht an und ist schockiert: «Ich wusste sofort, dass meine Kinder betroffen waren», sagt sie später gegenüber dem «Guardian».

Trotz der Liebe zu ihren Kindern hatte Murphy schon lange das Gefühl gehabt, dass etwas nicht stimmte: «Sie erreichten ihre Entwicklungsschritte nicht rechtzeitig. Es gab verzögerte Sprachentwicklung und motorische Probleme», erinnert sie sich.

Autismus, Fehlbildungen, geringe intellektuelle Fähigkeiten

Das ist typisch für Kinder, die während der Schwangerschaft dem Medikament ausgesetzt waren. Sie leiden unter Entwicklungsverzögerungen, geringen intellektuellen Fähigkeiten, und teils an einer Autismus-Spektrum-Störung. Ausserdem besteht ein höheres Risiko für angeborene Fehlbildungen.

Nachdem sie den Nachrichtenbeitrag gesehen hatte, kontaktierte Murphy sofort die Frau aus dem Fernsehen – die Britin Janet Williams.

Seither kämpfen die Frauen unermüdlich dafür, dass die Schäden durch Valproat, den Wirkstoff in Epilim, anerkannt werden. Ihre Organisation «In-Fact» unterstützt Familien mit demselben Schicksal und setzt sich für eine Entschädigungsregelung ein.

Schwangere Frau Symbolbild
Seit den 1970er-Jahren ist bekannt, dass das Medikament «Epilim» schädlich für die Kinder von schwangeren Frauen sein kann. Trotzdem wurde es weiterhin verschrieben – ohne auf dessen Risiken
Betroffene Familien
Betroffene Familien wehren sich nun: Britische Mütter setzten sich für eine faire Entschädigung ein.
Medikamente Symbolbild
«Das Schuldgefühl bleibt bei jeder einzelnen Mutter bestehen. Deshalb müssen wir kämpfen», so eine Betroffene.

Murphy und Williams stiessen bei Recherchen auf Dokumente aus den 1970er-Jahren. Diese zeigten, dass das Medikament schädlich für ungeborene Kinder sein könnte. Trotzdem wurde es weiterhin verschrieben.

Sollte man auf Medikamente während der Schwangerschaft verzichten?

Ausserdem hatte das britische Komitee für Arzneimittelsicherheit entschieden, Patientinnen nicht über diese Risiken zu informieren.

Diese Erkenntnisse führten dazu, dass sie 2017 ihre Ergebnisse dem Gesundheitsminister vorlegten. Im Jahr 2020 wurde ein Bericht veröffentlicht, der eine Entschädigungszahlung von 100'000 Pfund pro Familie vorschlug. Allerdings lehnte die britische Regierung diesen Vorschlag ab.

«Schuldgefühle bleiben»

Trotz aller Rückschläge geben die beiden Mütter nicht auf: «Wir warten gespannt darauf, was als Nächstes kommt», sagt Williams gegenüber dem «Guardian». Denn sie wissen, dass die Regierung verantwortlich sei.

Doch: «Das Schuldgefühl bleibt bei jeder einzelnen Mutter bestehen. Deshalb müssen wir kämpfen», so Murphy.

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