Die regierende nationalkonservative PiS liegt vorn, aber die Bürgerkoalition ist ihr dicht auf den Fersen. Parteien könnten das Zünglein an der Waage spielen.
Jaroslaw Kaczynski (M) spricht zu seinen Anhängern während einer Wahlkampfveranstaltung.
Jaroslaw Kaczynski (M) spricht zu seinen Anhängern während einer Wahlkampfveranstaltung. - Czarek Sokolowski/AP/dpa

In Polen sind am Sonntag gut 29 Millionen Bürger zur Wahl eines neuen Parlaments aufgerufen. Die wichtigste politische Trennlinie verläuft zwischen der seit 2015 regierenden nationalkonservativen PiS und der liberalen und linken Opposition, deren grösste Partei die liberalkonservative Bürgerkoalition (KO) ist.

Laut Umfragen dürfte die Partei Prawo i Sprawiedliwosc (PiS, deutsch «Recht und Gerechtigkeit») zwar stärkste Kraft bleiben, die absolute Mehrheit von 231 der 460 Abgeordnetenmandate aber verfehlen. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki wäre dann zur Bildung einer Regierung auf die ultrarechte Konfederacja angewiesen. Zwar lehnte die Konfederacja im Wahlkampf eine Koalition mit der PiS ab. Viele Polen betrachten dies aber als taktischen Schritt und nehmen an, dass sich Abgeordnete der Konfederacja mit Regierungsposten ins Lager der PiS locken lassen – oder dass die Ultrarechten am Ende eine Minderheitsregierung der PiS tolerieren werden.

Auch ein Machtwechsel ist nicht ausgeschlossen. Den Umfragen zufolge liegt die liberalkonservative Bürgerkoalition (KO) des früheren Regierungschefs Donald Tusk an zweiter Stelle dicht hinter der PiS. Sie könnte im Falle eines Wahlsiegs mit dem Linksbündnis Lewica und dem christlich-konservativen Dritten Weg eine Koalition bilden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Dritte Weg, der aus einem Zusammenschluss zweier Parteien besteht, die für solche Wahlbündnisse gültige Acht-Prozent-Hürde nimmt und ins Parlament einzieht. In Umfragen liegt die Formation bei gut zehn Prozent.

Referendum zur Aufnahme von Flüchtlingen

Parallel zur Parlamentswahl stimmen die Polen in einem Referendum über vier Fragen ab. Eine davon befasst sich mit dem EU-Asylkompromiss. Dieser sieht vor, dass die Aufnahme von Flüchtlingen künftig nicht mehr freiwillig, sondern verpflichtend sein soll. Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, würden zu Ausgleichszahlungen gezwungen. Die PiS-Regierung lehnt das ab.

Die konkrete Frage beim polnischen Referendum wird lauten: «Unterstützen Sie die Aufnahme von Tausenden illegalen Einwanderern aus dem Nahen Osten und Afrika nach dem von der europäischen Bürokratie auferlegten Mechanismus der verpflichtenden Aufnahme?» Der Ausgang der Volksabstimmung hat keinen Einfluss auf den Entscheidungsprozess. Die anderen Fragen befassen sich mit der Privatisierung staatlicher Unternehmen, dem Renteneintrittsalter und der Barriere an Polens Grenze zu Belarus.

Erste Prognosen werden nach Schliessung der Wahllokale um 21 Uhr erwartet. Hochrechnungen sind in Polen nicht üblich. Die Wahlkommission rechnet damit, dass das offizielle Endergebnis am Dienstag vorliegt.

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