Tu Gutes und rede darüber: Nach diesem Marketing-Motto werben Anbieter von Naturkosmetik mit Nachhaltigkeit und Bio-Qualität – oft durchaus berechtigt.
Weleda
Weleda produziert Arzneien und Kosmetika auf Pflanzenbasis. - DPA
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Das Wichtigste in Kürze

  • Naturkosmetik erreicht Millionen neue Käufer und Käuferinnen.
  • Doch mit dem Erfolg steigt auch die Konkurrenz.
  • Verbraucherschützer warnen vor einem zunehmenden «Label-Wirrwarr».

Alle reden vom CO2-Ausstoss. Michael Straub redet vom CO2-Entzug: «Achtzig Tonnen Kohlendioxid entziehen wir der Atmosphäre – jedes Jahr und allein hier in Schwäbisch Gmünd (D).»

Straub leitet den Pflanzengarten der Naturkosmetikfirma Weleda am Rande der alten Stauferstadt. Alle organischen Reste werden dort kompostiert und als Dünger verwendet. Bodenlebewesen verwandeln den Kompost in Humus. «So wird Kohlenstoff im Boden gebunden und der Atmosphäre entzogen», erklärt der Chefgärtner Besuchern.

Body Shop
Auch bei der britischen Naturkosmetik-Kette Body Shop wird auf Naturprodukte Wert gelegt. - Keystone

Nachhaltigkeit-Bekenntnis liegt voll im Trend

«Tu Gutes und rede darüber.» In kaum einer Branche scheint das alte Marketing-Motto so gut in die heutige Zeit zu passen wie in der Naturkosmetik. «Mit ihrem Bekenntnis zur Nachhaltigkeit liegen Firmen wie Weleda, Wala, Speick oder Primavera voll im Trend». Das sagt die Branchenexpertin Elfriede Dambacher.

«Viele Hersteller fördern den Wertewandel zu einem enkeltauglichen Umgang mit der Natur in ihrem ureigenen Interesse.» Das sagt die Inhaberin des Beratungsunternehmens Naturkosmetik-Konzepte.

Laut Dambachers Branchenreport hat Naturkosmetik allein im Jahr 2018 in Deutschland mehr als eine Million neue Käuferinnen und Käufer erreicht. Der Anteil am gesamten deutschen Kosmetikmarkt sei mit einem Umsatz von 1,3 Milliarden Euro auf 9,2 Prozent gestiegen.

Dass der Anstieg auch Folge eines wachsenden Umweltbewusstseins ist, gilt in der Branche als sicher: «Alle aktuellen Themen, die Menschen bewegen, sich für den Schutz der Erde zu engagieren haben Einfluss auf den Konsum.» Das sagt Marion Keller-Hanischdörfer von der Firma Primavera in Oy-Mittelberg (Bayern).

Junge Kunden sorgen für Nachfrageschub

Für den Nachfrageschub sorgen wohl vor allem jüngere Kunden. Ina Hiller, Marketing-Expertin beim Familienunternehmen Speick, sagt: «Wurde vor wenigen Jahren noch eine Zielgruppe ‹35 plus› anvisiert, sehen wir heute ein stetig wachsendes Interesse bei jungen Verbrauchern. Sie wollen ökologisch verträgliche, ressourcenschonende Produkte.»

Stefan Siemer, der das Nachhaltigkeitsprogramm von Weleda koordiniert, erzählt: «Wir arbeiten gerade hart daran, besonders den Anteil von biodynamischen Rohstoffen stark zu steigern.»

Neben dem Garten in Schwäbisch Gmünd betreibt das 1921 gegründete Unternehmen zur Gewinnung pflanzlicher Rohstoffe noch sieben weitere: in Argentinien, Brasilien, Neuseeland, Frankreich, Grossbritannien, den Niederlanden und der Schweiz.

Weleda
Weleda produziert Arzneien und Kosmetika auf Pflanzenbasis. - DPA

Mehr Erfolg führt zu stärkerem Wettbewerb

Mit dem Erfolg nimmt auch der Wettbewerb stark zu. Im Ringen um Käufer ist deren Vertrauen in Werbeaussagen von enormer Bedeutung. Deshalb lassen sich Firmen von als unabhängig geltenden Organisationen ihre Naturschutzbemühungen bescheinigen: natürlich gegen Bezahlung.

Mittlerweile gibt es etliche solcher Label. Verbraucherschützer begrüssen zwar, dass Produktaussagen überprüft und bestätigt werden. Sie warnen aber vor einem zunehmenden «Label-Wirrwarr». Neben international anerkannten Siegel-Vergebern gibt es Trittbrettfahrer, die mit fantasievollen «grünen» Verpackungen Naturfreundlichkeit vorgaukeln.

«Zudem heisst ‹pflanzlich› nicht automatisch ‹harmlos›», sagt Sabine Holzäpfel von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. «Auch in dem Bereich kann es Allergien geben.» Genauere und verständlichere Angaben zu Inhaltsstoffen seien oft wünschenswert. «Vor allem aber fordern wir ein gesetzlich festgelegtes Kennzeichen mit verbindlichen Kriterien.»

Holzäpfel verweist auf den Lebensmittelbereich: Dort brauchen Anbieter, die ihre Produkte «bio», «öko» oder «aus kontrolliert biologischem Anbau» nennen wollen, seit 2010 verpflichtend das EU-Bio-Siegel. «Eine solches Kennzeichen könnte auch Naturkosmetik-Kunden die Orientierung erleichtern.»

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