Klimaaktivisten fordern am Klimagipfel Fortschritte im Kampf gegen die Erderhitzung. Seit der letzten Klimakonferenz sei nichts geschehen.
ARCHIV - Boote ankern inmitten einer historischen Dürre in Paraguay. Foto: Jorge Saenz/AP/dpa
ARCHIV - Boote ankern inmitten einer historischen Dürre in Paraguay. Foto: Jorge Saenz/AP/dpa - sda - Keystone/AP/Jorge Saenz
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Das Wichtigste in Kürze

  • Klimaaktivisten fordern vom Klimagipfel mehr Tempo und Ehrgeiz.
  • Dem globalen Süden und den jungen Generationen werde die Perspektive geraubt.
  • Rund 200 Staaten schicken Vertreter nach Glasgow, wo der Klimaschutz diskutiert wird.

Zum Start der Weltklimakonferenz in Glasgow an diesem Sonntag fordern Klimaaktivisten deutlich mehr Tempo und Ehrgeiz im Kampf gegen die drohende Klimakatastrophe. Keine der reichen Industrienationen, auch Deutschland nicht, halte sich gerade an seine Zusagen zum Klimaschutz, sagte Luisa Neubauer von der Umweltbewegung Fridays for Future der Deutschen Presse-Agentur.

«Sie alle rauben dem globalen Süden und den jungen Generationen wissentlich ihre Perspektiven. Wo sind die Regierungen, die diesen Betrug beenden?», fragte die 25-Jährige.

Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer
Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer - AFP/Archiv

Seit dem als historisch gefeierten Klimaschutz-Abkommen von Paris im Jahr 2015 seien sechs Jahre vergangen – und die Emissionen klimaschädlicher Treibhausgase heute höher denn je, prangerte sie an. «Diese Konferenz muss der Moment sein, in dem dieser Trend umgekehrt wird.» Die Aktivistin, die auch Grünen-Mitglied ist, kündigte an, mit hunderten Mitstreitern nach Glasgow zu reisen.

COP26: Vertreter aus 200 Staaten erwartet

In Glasgow beraten auf Einladung der Vereinten Nationen Regierungsvertreter aus rund 200 Staaten zwei Wochen lang, wie die Menschheit die beschleunigte Erderhitzung noch auf ein erträgliches Mass eindämmen kann. Es reisen voraussichtlich etwa 25'000 Menschen an, darunter Tausende Journalisten und Klimaschutzaktivisten.

Umweltverbände und auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres hatten vorab kritisiert, dass viele Staaten in den zwei Jahren seit der letzten UN-Konferenz in Madrid ihre Pläne zum Klimaschutz nicht ausreichend verschärft und den notwendigen raschen Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas verschleppt haben. Denn die menschengemachte Erwärmung der Atmosphäre durch Treibhausgase sorgt schon jetzt dafür, dass Extremwetter sich häufen. Als Beispiele gelten die jüngsten Überschwemmungen in Deutschland, die Dürre in der Sahel-Zone in Afrika oder auch verheerende Waldbrände in Kalifornien und Russland.

Klima auch Thema am G20-Gipfel

Der Kampf gegen die Klimakrise ist am Sonntag auch Thema in Rom beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs der G20-Gruppe. Zwei wichtige Staatschefs sind vor Ort nicht dabei, und sie fehlen Anfang der Woche auch in Glasgow: Der chinesische Präsident Xi Jinping und der russische Präsident Wladimir Putin reisten nicht an, offiziell wegen der Corona-Pandemie. China ist der grösste Produzent von klimaschädlichen Treibhausgasen, Russlands Wirtschaft fusst auf dem Export von Gas und Öl.

In Glasgow gab es bereits vorab erste Proteste von Klimaschutzaktivisten: Mitglieder von Ocean Rebellion legten sich als «tote Meermenschen» halbnackt nahe des Flusses Clyde unter Fischernetze, um auf Gefahren von Meeresbewohnern wie Delfinen, Haien und Walen aufmerksam zu machen. Am Samstag sollten zudem Tausende Aktivistinnen und Aktivisten ankommen, die zu Fuss nach Glasgow gingen, darunter auch aus Deutschland. Eine spanische Gruppe war mit der Fähre ins südenglische Portsmouth gefahren und von dort 30 Tage durch Grossbritannien gewandert.

Die Erde hat sich im Vergleich zum vorindustriellen Niveau schon jetzt um etwa 1,1 Grad erwärmt; in Deutschland sind es bereits 1,6 Grad. In Paris hatte sich die Staatengemeinschaft vor sechs Jahren darauf geeinigt, die Erderwärmung möglichst auf maximal zwei Grad, besser 1,5 Grad, zu begrenzen. Bislang reichen die eingereichten Pläne der Staaten dazu aber bei weitem nicht aus.

Johnson: Menschheit liegt 1:5 hinten

Auch der britische Premierminister Boris Johnson hatte die krassen Defizite im Kampf gegen die Erderhitzung angeprangert - und zu einer Aufholjagd der Staatengemeinschaft gemahnt. «Die Menschheit, als Ganzes, liegt zur Halbzeit 1:5 hinten», sagte Johnson am Samstag auf dem Flug zum G20-Gipfel. «Wir haben die Möglichkeit auszugleichen, die Position zu retten, zurückzukommen - aber es wird eine Menge Kraft kosten», sagte er nach Medienberichten.

Mit Blick auf die unzureichenden Zusagen der allermeisten Staaten zum Klimaschutz verwies Johnson auf die Geschichte. «Wenn etwas schief geht, kann es mit aussergewöhnlicher Geschwindigkeit schief gehen», sagte er. «Das hat man beim Fall des Römischen Reichs gesehen, und ich fürchte, dass wir auch einen Absturz unserer Zivilisation, unserer Welt sehen könnten, falls wir es nicht schaffen, den Klimawandel zu bekämpfen.»

Weitere wichtige Themen in Glasgow sind der Handel zwischen Staaten mit Fortschritten im Klimaschutz sowie die Finanzierung von Schäden und Verlusten durch die Erderwärmung vor allem in ärmeren Ländern.

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