Hunderte ukrainische Kinder können seit Monaten die von Russland geführten Sommer-Camps nicht verlassen. Die Eltern sorgen sich vor politischen Spielchen.
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Wladimir Putin beim Besuch eines Sommerlagers auf der Krim im Jahr 2017. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Hunderte Ukraine-Kinder befinden sich seit Monaten in Russisch geführten Sommer-Lagern.
  • Eltern glauben, dass Putin ihre Sprösslinge in politische Spielereien verwickeln will.
  • Kiew spricht von möglicher «Umerziehung» und dem geplanten «Völkermord an der Ukraine».
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Cherson wurde im Ukraine-Krieg im November von den Selenskyj-Truppen befreit. Doch für einige ist der Horror der russischen Besatzung nach wie vor nicht vorbei. Russland hält hunderte ukrainische Kinder aus Cherson in Camps auf der Krim fest.

Nadia (ihr Name wurde geändert) sagt dem «Guardian», sie habe ihren 14-jährigen Sohn im Oktober dort in ein russisches Sommerlager geschickt. Er sollte eigentlich nach zwei Wochen zurückkehren, mittlerweile sind aber mehr als zwei Monate vergangen.

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Die junge Mutter sagt, ihr Sohn habe Ende November damit begonnen, ihr beunruhigende Sprachnachrichten von einem seiner Lagerführer weiterzuleiten. Dieser habe gesagt, dass er wegen seiner pro-ukrainischen Ideologie nicht nach Hause zurückkehren dürfe.

«Ich weiss nicht, wer sich jetzt um dich kümmern wird, aber du gehst sicher nicht nach Cherson zurück. Das ist zu 100 Prozent sicher», ist der Mann zu hören. «Du kannst deiner Mutter dafür danken.»

Dass Nadia ihren Sohn zurück in der Ukraine will, ist ein Problem für den Lagerleiter. Denn das hiesse, dass sie Cherson nicht als Teil Russlands sehe.

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Blick auf das Kinderzentrums Artek auf der Halbinsel Krim. - Getty

Auch unzufrieden ist er mit dem Telegram-Profil des Jungen. Es zeigt den ukrainischen Dreizack, das Nationalsymbol des Landes.

Russland bot Camps gratis an

Russland bot Eltern in den besetzten Gebieten der Ukraine im Laufe des Sommers die Möglichkeit, ihre Kinder kostenlos in Lager auf der Krim zu schicken.

Nadia sah den Entscheid für das Lager nicht als Pro-Russland-Statement an. Eltern entschieden sich bereits in der Vergangenheit oft dafür. Etwa, weil auch Klassenkameraden ihrer Kinder mit dabei seien.

Als Grund dafür, warum die Kinder nun nicht zurückgebracht werden, nennt Russland den Ukraine-Krieg. Den Eltern wurde lediglich angeboten, ihre Kinder abzuholen.

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Blick auf Gebäude des Kinderzentrums Artek in Hurzuf, Krim, Ukraine, 23. März 2014. Artek wurde 1925 als sowjetisches Pionierlager für Kinder gebaut. Nach der Krimkrise dient es als Flüchtlingslager für Ukrainer, die offiziell Russen werden wollen . - Keystone

Dazu müssten sie jedoch den gefährlichen inoffiziellen Kontrollpunkt an der Front passieren oder die Ukraine verlassen und über Polen und das Baltikum reisen. Viele der Eltern stammen aus sehr einkommensschwachen Verhältnissen und können deshalb diese Reise nicht antreten.

Es ist unklar, wie viele Kinder genau festgehalten werden. Russische Staatsmedien berichteten zuvor, dass sich Mitte Oktober ungefähr 4500 Kinder aus Saporischschja und Cherson in Lagern befanden.

«Eine Art Erpressung»

Natalia, eine weitere Mutter, die mit dem «Guardian» gesprochen hat, auch ihr Name wurde geändert, meinte, ihre Tochter habe ihr gesagt, dass mindestens 100 Kinder, die mit ihr auf die Krim gereist sind, noch immer dort seien. «Ich denke, es ist eine Art Erpressung», so Natalia. «Ich glaube, sie wollen sie als Verhandlungsobjekte verwenden.»

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Blick auf das Lenin-Denkmal, das auf dem Hauptteil des Kinderzentrums Artek in Hurzuf, Krim, Ukraine, 23. März 2014 steht. Die 19 Meter hohe Statue war dem ehemaligen sowjetischen Führer Vladimir Lenin gewidmet und 1985 eingeweiht. - Keystone

Dmytro Lubinets, der Menschenrechtskommissar des ukrainischen Parlaments, sagte, er glaube, dass die Gefangenschaft Teil von Russlands Plan sei, Völkermord an der Ukraine zu begehen. Der Kreml wolle «künftige Generationen umerziehen», damit sie ihre nationale Identität verlieren.

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