Kiew will im Ukraine-Krieg weitere Unterstützung aus dem Westen. Vize-Aussenminister Andrij Melnyk spricht auch von Kampfjets und Kriegsschiffen.
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«Es müssen noch sehr viele Tabus gebrochen werden»: Andrij Melnyk. - Michael Kappeler/dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der ukrainische Vize-Aussenminister fordert vom Westen neue Waffen.
  • Auch Kampfjets und Kriegsschiffe sollen kein Tabu mehr sein.
  • Die USA haben gerade erst der Lieferung des Patriot-Luftabwehrsystems zugestimmt.

Nach der US-Zusage von Patriot-Flugabwehrsystemen fordert der ukrainische Vizeaussenminister Andrij Melnyk weitere Hilfen. Neben Panzern sollen nun auch westliche Kampfjets und Kriegsschiffe für den Ukraine-Krieg geliefert werden.

Man sei den USA für die «neuen mutigen Schritte» sehr dankbar, sagte Melnyk der Deutschen Presse-Agentur. «Aber klar ist: Es müssen noch sehr viele Tabus gebrochen werden. Wir brauchen dringend westliche Panzer, Kampfjets, Kriegsschiffe, Mehrfachraketenwerfer, Munition. Das ist mein einziger Wunsch an das Christkind.»

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Flugabwehrsystem Patriot. - TAIWAN DEFENCE MINISTRY/AFP/Archiv

Die USA hatten dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Washington kurz vor Weihnachten die Lieferung von Patriot-Systemen zugesagt. Westliche Kampfpanzer, Kampfflugzeuge und Kriegsschiffe hat die Ukraine dagegen bisher nicht erhalten.

Melnyk hat die deutsche Bundesregierung in der Vergangenheit immer wieder aufgefordert, den Weg für die Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern freizumachen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lehnt das aber ab. Er verweist darauf, dass bisher auch kein anderes Land solche Waffensysteme geliefert habe.

Deutschen sehen Kampfpanzer-Lieferung in den Ukraine-Krieg skeptisch

Die deutsche Bevölkerung hat der Kanzler dabei überwiegend hinter sich. In einer YouGov-Umfrage im Auftrag der dpa sprechen sich 45 Prozent gegen die Lieferung deutscher Kampfpanzer in den Ukraine-Krieg aus. Nur 33 Prozent sind dafür, 22 Prozent machen keine Angaben. Nur bei den Wählern der Grünen überwiegt die Zustimmung zur Kampfpanzerlieferung – und zwar eindeutig: 50 Prozent sind dafür, nur 25 Prozent dagegen.

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Olaf Scholz (SPD). - AFP/Archiv

So skeptisch die Deutschen Panzerlieferungen gegenüber stehen, so gross ist der Wunsch nach sofortigen Verhandlungen mit Russland. Eine deutliche Mehrheit von 55 Prozent spricht sich in der Umfrage dafür aus. Nur 27 Prozent der Befragten sagen dagegen, es sei noch nicht der richtige Zeitpunkt für Friedensgespräche.

Fast jeder Dritte meint: Krim sollte in der Hand Russlands bleiben

Die Ukraine sieht die Bedingungen für Verhandlungen noch nicht gegeben. Dies, weil Russland im Ukraine-Krieg weiterhin Teile der Ost- und Südukraine und die Halbinsel Krim besetzt. Die Regierung in Kiew fordert zunächst einen vollständigen russischen Truppenrückzug.

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Der russische Präsident Wladimir Putin begrüsst das Publikum nach seiner Rede zur Feier des Jahrestags des Anschlusses der Krim an Russland, am 18. März 2022 in Moskau. - Keystone

Dafür haben bei weitem nicht alle Deutschen Verständnis. Zwar sind 50 Prozent der Meinung, die Ukraine sollte am Ende des Krieges ihr gesamtes ursprüngliches Staatsgebiet vor 2014 umfassen. 29 Prozent meinen allerdings, die 2014 völkerrechtswidrig annektierte Krim sollte in der Hand Russlands bleiben.

9 Prozent vertreten sogar eine Auffassung, die noch weiter geht: Neben der Krim sollen auch die anderen von Russland vereinnahmten Gebiete in der Ostukraine unter russischer Kontrolle bleiben.

Melnyk zu möglichem Krim-Verzicht: «Das wird nie geschehen»

Dass die Ukraine auf Teile ihres Staatsgebiets verzichtet, schloss Melnyk kategorisch aus. «Das ist für Kiew nicht hinnehmbar. Das wird nie geschehen», sagte er der dpa.

Auch Verhandlungen mit Russland kommen für ihn trotz dem andauernden Ukraine-Krieg zum jetzigen Zeitpunkt nicht infrage. Er glaubt, dass Putin sie nur fordert, um die Ukraine und ihre Verbündeten zu spalten.

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Ruinen im Ukraine-Krieg. - AFP

«All das Kreml-Gerede über angebliche Bereitschaft Putins zu verhandeln, ist purer Bluff. Er zielt hauptsächlich darauf, im Westen Sympathien zu sammeln, die Gesellschaften zu verunsichern und die Entschlossenheit unserer Verbündeten zu zerbröckeln. Das darf man nicht zulassen», sagte der frühere ukrainische Botschafter in Deutschland.

Mehrheit glaubt nicht an Kriegsende in 2023

Und wie ist seine Prognose für das kommende Jahr? Ob der Krieg 2023 beendet werden könne, hänge von der militärischen und finanziellen Unterstützung der Verbündeten ab, sagt er. «Wir sind auf westliche Waffenlieferungen angewiesen, sie sind kriegsentscheidend.»

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Ukrainischer Soldat mit Panzerabwehrwaffe. - AFP/Archiv

Die Mehrheit der Deutschen glaubt nicht an ein baldiges Ende der Kämpfe. Laut YouGov-Umfrage sind 57 Prozent der Meinung, dass der Ukraine-Krieg mindestens bis Ende 2023 dauern wird. Nur 27 Prozent erwarten ein Ende im Laufe des nächsten Jahres. 19 Prozent machen keine Angaben.

Melnyks neue Zuständigkeit als Vizeaussenminister: Amerika

Melnyk startet mit neuen Aufgaben ins neue Jahr. Als Vizeaussenminister wird er sich vor allem um die Beziehungen zu den Ländern Nord- und Lateinamerikas kümmern. «Meine Hauptaufgabe, die mir Präsident (Wolodymyr) Selenskyj und Minister (Dmytro) Kuleba aufgetragen haben, wird sein: Eine ambitionierte Strategie für Lateinamerika erarbeiten, das eine immer wichtigere Rolle auf der Weltbühne spielt», sagte er.

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Selenskyj im US-Kongress. - AFP

Er werde aber auch für die USA, für völkerrechtliche Aspekte der ukrainischen Aussenpolitik sowie für Ukrainer im Ausland zuständig sein.

Melnyk war im Oktober nach fast acht Jahren als Botschafter von dem Ex-Sanktionsbeauftragten der Regierung, Oleksii Makeiev, abgelöst worden. Mitte November wurde er zu einem von mehreren Stellvertretern von Aussenminister Kuleba ernannt. Sein offizieller Amtsantritt war aber erst kurz vor Weihnachten.

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