Türkei: Weiterer Haftbefehl gegen inhaftierten Erdogan-Gegner
Ekrem Imamoglu, der populäre Oppositionspolitiker und abgesetzte Bürgermeister von Istanbul, sieht sich erneut mit einem Haftbefehl konfrontiert.

Gegen den abgesetzten Istanbuler Bürgermeister und populären Oppositionspolitiker Ekrem Imamoglu ist in der Türkei ein erneuter Haftbefehl erlassen worden.
Dem bereits seit März in Untersuchungshaft sitzenden Imamoglu werden Vorwürfe in Zusammenhang mit «politischer Spionage» gemacht, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Der Haftbefehl richtet sich demnach auch gegen seinen Wahlkampfmanager Necati Özkan und den Chefredakteur des oppositionellen Senders Tele1, Merdan Yanardag. Für Tele1 wurde ein Zwangsverwalter eingesetzt.
Anadolu berichtete unter Berufung auf den Haftbefehl, Imamoglu werde vorgeworfen, Kopf einer kriminellen Vereinigung zu sein, die «Spionageakte» durchführe, um internationale Unterstützung zu gewinnen, und «Korruptionshandlungen» unternehme, um Gelder für seine Präsidentschaftskandidatur zu sammeln.
Der Sender Tele1 sei dabei als Instrument für die Spionageaktivitäten genutzt worden. Die Anschuldigungen sollen sich etwa auf ein geständiges Mitglied der Gruppierung um Imamoglu stützen. Imamoglu weist die Vorwürfe von sich.
Konkret erwähnt werden auch die Bürgermeisterwahlen in Istanbul 2019. Der damalige Sieg Imamoglus gilt als machtpolitischer Schock für die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan. Imamoglu wurde damals zum wichtigsten Oppositionsgesicht und zur neuen Hoffnung der säkularen und moderaten Wählerschaft. Anadolu zufolge hätten sich Imamoglu und Özkan etwa mit Zugriff auf private Daten Vorteile zu verschaffen versucht. In dem Zusammenhang sollen sie auch auf die Unterstützung von ausländischen Geheimdiensten gesetzt haben.
Imamoglus CHP-Partei kritisierte den erneuten Haftbefehl scharf. Parteichef Özgür Özel bezeichnete die Vorwürfe als fingiert. Das Vorgehen zeige, dass die Regierung die Bevölkerung mit den bisherigen Anschuldigungen nicht habe überzeugen können und nun neue Vorwürfe gegen Imamoglu erfinde. Der Politikanalyst Berk Esen schrieb auf der Plattform X, die AKP-Regierung versuche damit, Wahlsiege zu kriminalisieren und zu delegitimieren.
Seit Monaten sieht sich die CHP einer juristischen Offensive ausgesetzt, die bereits zur Festnahme Hunderter ihrer Mitglieder und der Verhaftung von 17 ihrer Bürgermeister führte. Die CHP sieht in dem Vorgehen den politisch motivierten Versuch der Regierung, die Partei zu destabilisieren.
Die Regierung weist den Verdacht mit der Begründung zurück, dass die Gerichte des Landes unabhängig seien. Internationale Organisationen und auch die EU-Kommission stellen dies allerdings infrage.
Das Vorgehen nun kommt nur wenige Tage vor dem Besuch des deutschen Kanzlers Friedrich Merz in der Türkei. Deutschland hatte zuletzt deutlich freundlichere Töne gegenüber dem Nato-Partner angeschlagen.
Imamoglu war bereits im März in Zusammenhang mit Korruptionsermittlungen verhaftet worden. Eine Anklage steht noch aus. Die Millionen-Metropole wird derzeit vertretend von dem CHP-Politiker Nuri Aslan regiert. Imamoglu gilt weiterhin als aussichtsreicher Anwärter bei einer künftigen Präsidentschaftswahl. Seine Partei hat ihn bereits als Kandidaten dafür aufgestellt. Regulär sollen diese 2028 stattfinden.
Der CHP werden besonders seit ihrem überraschenden Erfolg bei den landesweiten Kommunalwahlen 2024 gute Chance ausgerechnet, die AKP-Regierung unter Erdogan abzulösen. Die AKP war dabei erstmals in ihrer Geschichte bei einer landesweiten Wahl nur zweitstärkste Kraft geworden.














