Obschon die Türkei in einer Wirtschaftskrise steckt, stärkt die Regierung die Rüstungsindustrie. Entsprechend gilt das Land als wichtiger Waffenexporteur.
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Gepanzerte Militärfahrzeuge der türkischen Streitkräfte fahren auf der syrischen Seite der Grenze zur Türkei entlang. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die türkische Regierung unterstützt seine Rüstungsindustrie trotz Wirtschaftskrise.
  • Das Land gilt als weltweit aufstrebender Waffenexporteur.
  • Der Ausbau der Rüstungsindustrie hängt dabei mit einer offensiven Aussenpolitik zusammen.

Reden vor Vertretern der heimischen Rüstungsindustrie dürften dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan Freude bereiten. Die türkische Wirtschaft steckt in einer tiefen Krise – aber in dieser Branche können noch Versprechen gemacht werden.

«Wir werden der Verteidigungsindustrie weiterhin jegliche Unterstützung zukommen lassen.» So sagte Erdogan im November auf einer Veranstaltung eines türkischen Rüstungskonzerns. Die Türkei ist nach einer Einschätzung des Friedensforschungsinstituts Sipri einer der weltweit aufstrebenden Waffenexporteure. Der massive Ausbau der Rüstungsindustrie ist Teil einer grösseren Strategie – und Teil einer immer offensiveren Aussenpolitik.

Waffenindustrie in Verbindung mit Regierung

Zwischen 2015 und 2019 stiegen die Ausgaben nach Zahlen der Stiftung Wissenschaft und Politik um 69 Prozent. Der Umsatz der Rüstungsindustrie sei von einer Milliarde im Jahr 2002 auf 11 Milliarden im Jahr 2020 angewachsen.

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Der türkische Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. (Archivbild) - Keystone

Die türkische Industrie stellt dabei eine breite Palette an Produkten her – und die Verbindungen zur Regierung sind offensichtlich. Die beliebteste Kampfdrohne Bayraktar TB2 produziert ein Unternehmen, das einem Schwiegersohn Erdogans gehört.

Gutes Preis-Leistungs-Verhältnis

Türkische Waffen und türkisches Know-How werden laut Hüseyin Bagci auf quasi jeden Kontinent exportiert. Die Küstenwache in Nigeria etwa patrouilliere mit türkischer Ausstattung. Auch jene von Somalia bekomme Training und Equipment vom türkischen Militär. Bagci ist Professor am Institut für Internationale Beziehungen der Universität Odtü in Ankara.

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Türkische Panzer sind in Syrien unterwegs. - Keystone

Doch was macht die Waren aus der Türkei so beliebt? «Preis und Qualität», sagt Bagci. Türkische Drohnen etwa seien billiger als die aus den USA – und im Gegensatz zu Israel habe die Türkei Testfelder. Die Konflikte in Berg-Karabach und Libyen haben der türkischen Militärindustrie zudem Erfahrung von unschätzbarem Wert eingebracht.

Einsatz in libyschem Bürgerkrieg

Seit 2016 hat die Türkei mit mehreren Militäroffensiven in Nordsyrien aktiv in den dortigen Bürgerkrieg eingegriffen. Am 2. Januar 2020 stimmte das türkische Parlament dann für einen Militäreinsatz in Libyen, acht Jahre nach Beginn des Bürgerkrieges.

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Im Bürgerkrieg in Libyen werden türkische Waffen verwendet. - Keystone

Ankara unterstützt dort die international anerkannte Regierung von Fajis al-Sarradsch mit militärischer Ausstattung und Personal. Der Türkei geht es um Einfluss in der Region, aber auch um Erdgasvorkommen im Mittelmeer.

Türkei weiterhin auf Deutschland angewiesen

Erfolge in den Konflikten sind gleichzeitig Eigenwerbung: Das türkische Eingreifen in Libyen hat das Kräfteverhältnis massgeblich zugunsten Al-Sarradschs beeinflusst, in Syrien haben türkische Kampfdrohnen Regierungstruppen zurückgedrängt. Im jüngsten Krieg um Berg-Karabach wird davon ausgegangen, dass besonders türkische Drohnen dem «Bruderstaat Aserbaidschan» zum Sieg verholfen haben.

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Türkische Marineschiffe und das Erkundungsschiff «Oruc Reis» - Turkish Defence Ministry

Selbstversorger ist das Land in Sachen Waffen noch nicht. Besonders auf Deutschland sei man angewiesen, sagt Bagci. Mit Blick auf die Marine sei Berlin wichtiger Partner. Die Türkei hat im vergangenen Jahr Kriegswaffen für 344,6 Millionen Euro aus Deutschland erhalten – über ein Drittel der Kriegswaffenexporte.

Ausbau auf lange Sicht nicht tragbar

Doch wie geht dieser Ausbau mit einer tiefen Wirtschaftskrise zusammen? «Die Überdehnung ist da», urteilt Bagci. Während die Türkei in Libyen an den verkauften Waffen verdient, investiert sie im Irak und in Syrien in eigene Truppen. Auf lange Sicht sei dieses Verhalten ökonomisch nicht haltbar.

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Recep Tayyip Erdogan, türkischer Präsident. - dpa

Erdogan jedenfalls machte zuletzt erneut seine Prioritäten deutlich: «Die Verteidigungsindustrie ist kein Sektor, der Stagnation verträgt. Wir müssen weitermachen, um noch bessere Produkte zu entwickeln.»

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