Serbiens Präsident Vucic stellt Neuwahlen in Aussicht
Der serbische Präsident Aleksandar Vucic könnte aufgrund massiver Proteste vorgezogene Neuwahlen einleiten.

Unter dem Eindruck der mächtigen Protestbewegung in seinem Land hat Serbiens Präsident Aleksandar Vucic erstmals vorgezogene Neuwahlen in Aussicht gestellt. «Parlamentswahlen können innerhalb von anderthalb Jahren stattfinden, wenn die zuständigen Institutionen entsprechende Schritte einleiten.»
Dies sagte Vucic am Rande eines europäischen Gipfeltreffens in der albanischen Hauptstadt Tirana vor Journalisten. Das derzeitige Parlament ist regulär bis Anfang 2028 gewählt.
Studentenproteste gegen Korruption und Staatsversagen
In Serbien demonstrieren seit rund einem halben Jahr vor allem Studentinnen und Studenten gegen Korruption und Missmanagement der staatlichen Institutionen. Diese stehen weitgehend unter der Kontrolle von Vucic.
Die Demonstranten fordern umfassende Reformen, um demokratische und rechtsstaatliche Zustände herzustellen. Zu den Protesten gehören Universitätsbesetzungen und Strassenblockaden. Inzwischen haben sich breite Bevölkerungsschichten angeschlossen.
Tragödie mit 16 Toten als Auslöser
Auslöser der landesweiten Proteste war der Einsturz eines frisch renovierten Bahnhofsvordachs in der nordserbischen Stadt Novi Sad. Bei dem starben 16 Menschen. Kritiker machten dafür die Regierung und Behörden verantwortlich und warfen ihnen Inkompetenz und Korruption vor.
Anfang des Monats hatte die Studentenbewegung erstmals vorgezogene Neuwahlen gefordert. Die Ansetzung regulärer oder vorgezogener Parlamentswahlen fällt in die Zuständigkeit des Präsidenten. Vucic sagte in Tirana, dass sich bisher noch niemand mit der Forderung nach Neuwahlen «an die zuständigen Institutionen» gewandt habe.
Die Protestbewegung hat nach Ansicht von Beobachtern die von Vucic dominierte politische Landschaft in Serbien verändert. Die Studierenden verlangen von der untereinander zerstrittenen Opposition, mit einer gemeinsamen Liste gegen die Regierungspartei SNS und deren Partner anzutreten. Experten zufolge hätte eine gemeinsame Liste mit Unterstützung der Studierenden gute Chancen auf einen Wahlsieg.