Eigentlich wollte die Schweiz mit Verweis auf die Neutralität keine Sanktionen verhängen. Diese Haltung scheint zu bröckeln. Die EU fürchtet, die Schweiz könnte zu einem Ausweichquartier für russisches Geld werden.
Der schweizer Aussenminister Ignazio Cassis bei einer Pressekonferenz. Foto: Peter Klaunzer/KEYSTONE/dpa
Der schweizer Aussenminister Ignazio Cassis bei einer Pressekonferenz. Foto: Peter Klaunzer/KEYSTONE/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Schweizer Bundespräsident Ignazio Cassis hat überraschend ein mögliches Einfrieren russischen Kapitals ins Gespräch gebracht.

Es sei «sehr wahrscheinlich», dass der Bundesrat bei seiner ausserordentlichen Sitzung beschliessen werde, russische Vermögenswerte in der Schweiz einzufrieren, sagte Cassis nach einem Bericht der Schweizer Nachrichtenagentur SDA im Westschweizer Fernsehen. Auch die Möglichkeit, den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu sanktionieren, müsse auf den Tisch.

Eine endgültige Entscheidung über ein Einfrieren des Kapitals werde aber auf jeden Fall die Schweizer Neutralität berücksichtigen.

EU frustriert über Schweizer Pochen auf Neutralität

In der EU besteht die Sorge, dass die Schweiz sich den westlichen Finanzsanktionen gegen Russland nicht vollständig anschliesst und damit zu einem Ausweichquartier für russisches Geld wird. Der Kurs der Schweiz der vergangenen Tage und Wochen sorge für grosse Frustration, sagte eine EU-Diplomat in Brüssel. Es sei völlig unverständlich, wie man sich auf seine Neutralität berufen könne, wenn es um die Ahndung von Völkerrechtsbrüchen gehe.

Angaben aus dem Ministerrat zufolge bemüht sich die EU seit längerem, die Schweiz davon zu überzeugen, sich den Russland-Sanktionen vollständig anzuschliessen, die beispielsweise ein Einfrieren von Devisenreserven und Vermögenswerten bestimmter russischer Finanzinstitute vorsehen. Bis zuletzt gab es jedoch keine konkreten Zusagen.

Schweiz wichtiger Finanzplatz für Russland

Kurz bevor der Schweizer Bundespräsident Cassis überraschend ein mögliches Einfrieren russischen Kapitals ins Gespräch brachte, hatte er noch unter Verweis auf die Neutralität seines Landes gesagt, die Schweiz werde ungeachtet der russischen Invasion in der Ukraine keine Sanktionen verhängen.

Die Schweiz ist ein besonders wichtiger Finanzplatz für Russen. Nach Zahlen der Nationalbank lagen im vergangenen Jahr auf Schweizer Konten russische Vermögenswerte im Wert von rund 15 Milliarden Franken (14,5 Mrd Euro). Jedes Jahr sollen weitere Milliardenbeträge in die Schweiz fliessen. Oligarchen wie Putin-Freund Gennadi Timtschenko leben dort.

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