Rumäniens Parlament wählt neue Regierung der Mitte ins Amt
Rumänien hat eine neue proeuropäische Regierung unter Ilie Bolojan – als Antwort auf den Aufstieg der prorussischen Rechten und den Reformdruck aus Brüssel.

Mit den Stimmen der Parteien der rechten und linken Mitte haben beide Kammern des rumänischen Parlaments eine neue Regierung ins Amt gewählt. Das berichtetet die Nachrichtenagentur Mediafax.
Dabei handelt es sich praktisch um einen Zusammenschluss der proeuropäischen Parteien der Mitte gegen die zuletzt deutlich erstarkte prorussische extreme Rechte in Rumänien. Der Koalitionsregierung von Ministerpräsident Ilie Bolojan gehören neben dessen bürgerlichen PNL die sozialdemokratische PSD, die liberalkonservative USR, die Ungarn-Partei UDMR und die Parteien anderer ethnischer Gruppen an.
Gemäss dem Koalitionsabkommen ist die Ministerpräsidentschaft unter den beiden grössten Partnern, der PNL und der PSD, zeitlich aufgeteilt. Bolojan wird bis April 2027 als Regierungschef amtieren, ihm folgt für den Rest der Legislaturperiode, die bis Dezember 2028 dauert, ein Politiker oder eine Politikerin der PSD nach.
Neuer Premier muss rigoros sparen
Bolojan war von Februar bis Mai kommissarischer Staatspräsident Rumäniens. Als Präsident des Rates des Kreises Bihor im Westen des Landes (2020 bis 2024) erwarb er sich den Ruf eines entschlossenen Reformers. Durchsetzungskraft und Veränderungswille an der Spitze der neuen Regierung sind durchaus vonnöten: verschwenderisch wirtschaftende Vorgängerregierungen häuften ein Haushaltsdefizit in Höhe von neun Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) an.
Die EU, der Rumänien seit 2007 angehört, droht deshalb mit dem Einfrieren von Förderungen. Der neuen Regierung setzte sie eine Frist von vier Monaten. Bolojan hatte bereits im Vorfeld der Regierungsbildung drastische Sparmassnahmen und einige Steuererhöhungen angekündigt.
Kräftiger Gegenwind dürfte ihm von der parlamentarischen Opposition entgegenschlagen, die nur mehr noch aus rechtsextremen Parteien besteht wie der AUR des unterlegenen Präsidentschaftskandidaten George Simion. Aber auch die zum Populismus neigende PSD könnte sich als schwieriger Partner für Reformen erweisen.
Georgescu-Affäre erschüttert Vertrauen
In dem südosteuropäischen Land regierte zuvor eine Koalition aus PSD, PNL und UDMR, die zunehmend an Zustimmung in der Bevölkerung verlor. Anlässlich der Präsidentschaftswahl im Dezember schlitterte das Land in eine nie gesehene Krise: Der bislang völlig unbekannte Rechtsextremist und prorussische Verschwörungstheoretiker Calin Georgescu gewann überraschend und klar die erste Runde dieser Wahl.
Das Verfassungsgericht annullierte die Wahl, nachdem sich erwiesen hatte, dass Georgescus Unterstützer mit manipulierten Social-Media-Kampagnen operiert hatten. Bei der Wiederholung der Präsidentenwahl im Mai, bei der Georgescu disqualifiziert war, setzte sich der unabhängige liberale und prowestliche Nicosur Dan knapp gegen AUR-Chef Simion durch.