Der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, hat vor einer Erhöhung der Zahl der am Coronavirus erkrankten Menschen in Deutschland auf bis zu zehn Millionen im Mai oder Juni gewarnt, falls die Massnahmen zur Eindämmung der Epidemie nicht eingehalten werden.
RKI-Chef Robert Wieler
RKI-Chef Robert Wieler - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Zahl der Erkrankten durchbricht Marke von 10.000 Fällen.

Wenn es nicht geschafft werde, die Kontakte wirksam zu reduzieren, werde sich die Zahl der Erkrankten binnen zwei oder drei Monaten auf diese Zahl erhöhen, sagte Wieler am Mittwoch in Berlin. Dies habe dann die «entsprechenden Folgen» für das Gesundheitssystem.

Die Zahl der mit dem Coronavirus infizierten Menschen in Deutschland stieg auf über 10.000 an, am Mittwochmittag gab es nach Angaben der in der US-Stadt Baltimore ansässigen Johns-Hopkins-Universität (JHU) 10.069 Fälle. Insgesamt 26 Menschen starben demnach in der Bundesrepublik bisher am Coronavirus.

Die jüngsten offiziellen Zahlen des deutschen Robert-Koch-Instituts (RKI) lagen mit 8198 Infizierten noch deutlich darunter, sie stammten aber von Mittwoch um 00.00 Uhr. Die JHU aktualisiert ihre Zahlen regelmässiger, dem RKI zufolge sind die Zahlen der US-Universität plausibel. Bei der weltweiten Zahl der bestätigten Infizierten lag Deutschland demnach an fünfter Stelle - nach China, Italien, dem Iran und Spanien.

Wieler sagte, durch die geforderte Minimierung der Kontakte lasse sich die Zahl der Infizierten reduzieren. «Versammeln Sie sich nicht, bleiben Sie zu Hause, wann immer es geht», sagte der RKI-Präsident. Jeder solle mindestens eineinhalb Meter Abstand von anderen Menschen halten. Es seien jetzt «Vernunft und Solidarität» nötig. Wenn das in Deutschland umgesetzt werde, könnten auch die Erkrankungszahlen nach unten gedrückt werden.

Wieler sagte zur Entwicklung der Fallzahlen, es gebe «ein exponentielles Wachstum». Es sei nach wie vor der Anfang einer Epidemie, «die noch viele Wochen und Monate» andauern werde.

Wieler forderte Oberbürgermeister, Bürgermeister und Landräte auf, den Gesundheitsämtern unbürokratisch Personal aus anderen Verwaltungsbereichen zur Verfügung zu stellen. Der Kern der Aufgaben der Ämter sei die Kontaktnachverfolgung bei Infizierten, um die Infektionsketten zu durchbrechen. Krankenhäuser müssten die Zahl ihrer Beatmungsplätze «maximal erhöhen».

Der stellvertretende nordrhein-westfälische Ministerpräsident Joachim Stamp (FDP) nannte sogenannte Coronapartys «unverantwortlich». Menschen sollten sich nicht in Gruppen, etwa in Parks, zusammensetzen. «Sonst werden wir die Infektionsketten nicht durchbrechen können.» Stamp rief auf zu «Ego zurücknehmen und Disziplin».

An Eltern appellierte er nochmals, Kinder auf keinen Fall von Grosseltern oder Vorerkrankten betreuen zu lassen. Ältere sollten derzeit alle Kontakte mit anderen Menschen vermeiden.

Die SPD-Gesundheitspolitikerin Heike Baehrens befürchtet bei einem Ausbau der Krankenhauskapazitäten während der Coronakrise einen Engpass beim medizinischen Personal. «Unser grosses Nadelöhr wird die Personalsituation sein», sagte Baehrens im Südwestrundfunk. «Geräte allein reichen nicht, sie müssen auch von Menschen bedient werden.»

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