Richtungswahl im Norden Zyperns – Zwei Visionen für Zukunft
Im international nicht anerkannten Nordteil Zyperns entscheidet eine Schicksalswahl über die künftige Ausrichtung des Gebiets.

Im türkisch-zyprischen Norden Zyperns gehen die Menschen zu den Urnen, um einen neuen Präsidenten zu wählen – oder den alten im Amt zu bestätigen. Es kandidieren sieben Politiker. Zwei davon stehen im Mittelpunkt: Amtsinhaber Ersin Tatar und Oppositionsführer Tufan Erhürman. Sollte keiner der beiden die absolute Mehrheit an diesem Sonntag erreichen, wird eine Stichwahl am 26. Oktober 2025 stattfinden.
Beobachter sprechen von einer Schicksalswahl für die türkisch-zyprische Volksgruppe. Während ein Wahlsieg Tatars die politische Isolation des Nordens zementieren könnte, würde ein Sieg Erhürmans wohl neue diplomatische Dynamik bringen.
Die Wahllokale öffneten um 8.00 Uhr, sie schliessen um 18.00 Uhr. Mit ersten Ergebnissen wird am Abend gerechnet. Wahlberechtigt sind rund 218'000 Menschen.
Zwei Visionen prallen aufeinander
Beide Kandidaten vertreten grundverschiedene Visionen für die Zukunft des international nur von der Türkei anerkannten und von türkischen Truppen besetzten Nordens der Insel. Tatar steht für eine Zwei-Staaten-Lösung und fordert seit Jahren die Anerkennung der «Türkischen Republik Nordzypern» als unabhängigen Staat – mit Rückendeckung aus Ankara. Eine föderale Lösung mit der griechisch-zyprischen Seite lehnt er strikt ab.

Erhürman von der sozialdemokratischen CHP hingegen will zurück an den Verhandlungstisch – unter UN-Vermittlung und auf Grundlage einer föderalen Lösung. Zugleich strebt er eine stärkere europäische Anbindung des Nordens an. «Jeder Winkel dieser Insel wird Europa sein», sagte er im Wahlkampf.
Zypern ist nach einem griechischen Putsch und einer türkischen Militärintervention 1974 de facto geteilt. Die ganze Insel ist seit 2004 Mitglied der EU.
Die einzige geteilte Hauptstadt
Aufgrund der faktischen Teilung der Insel findet das EU-Recht jedoch nur im Süden Anwendung. UN-Blauhelme überwachen die rund 180 Kilometer lange Pufferzone zwischen den beiden Seiten. Nikosia ist die einzige geteilte Hauptstadt der Welt.