Die grossangelegte Razzia im «Reichsbürger»-Milieu beschäftigt weiter Politik und Sicherheitsbehörden. In den Fokus gerät auch der Schutz des Parlaments – vor Abgeordneten.
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Vermummte Polizisten führen Heinrich XIII Prinz Reuss (2.v.r.) bei einer Razzia gegen sogenannte «Reichsbürger» in Frankfurt/Main ab. - Boris Roessler/dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Nach der Festnahme einer früheren AfD-Bundestagsabgeordneten bei der Razzia im «Reichsbürger»-Milieu werden die Forderungen nach einem verstärkten Schutz des Bundestags lauter.

«Auch bei diesem Netzwerk gibt es offenbar eine Verbindung zur AfD-Fraktion. Wir werden für den Bundestag genau prüfen, welche Sicherheitsvorkehrungen wir anpassen müssen und das Thema in allen entscheidenden Gremien behandeln», sagte die stellvertretende Bundestagspräsidentin Katrin Göring-Eckardt der Funke Mediengruppe. Ähnlich äusserten sich Politiker der SPD.

Die Bundesanwaltschaft hatte am Mittwoch bei einem der grössten Polizeieinsätze in der Geschichte der Bundesrepublik in elf Bundesländern sowie in Italien und Österreich 25 Menschen festnehmen lassen. Unter den Festgenommenen ist die Richterin und frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann. Gegen sie läuft inzwischen ein Disziplinarverfahren. Als ehemalige Abgeordnete hatte Malsack-Winkemann – wie alle ausgeschiedenen Parlamentarier, die dies wünschen – Zugang zu den Gebäuden des Bundestages.

«Verfassungsfeinde mit Zutrittsprivilegien»

Der Vorsitzende des parlamentarischen Gremiums zur Kontrolle der Geheimdienste, Konstantin von Notz (Grüne), sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), das Sicherheitskonzept des Bundestags sei nicht dafür gemacht, dass «Verfassungsfeinde mit Zutrittsprivilegien» ins Parlament gewählt würden. «Wir müssen das Schutzkonzept für den Bundestag erhöhen, ohne den Alltag der demokratischen Abgeordneten zu sabotieren.»

Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Hartmann sagte ebenfalls den Funke-Zeitungen: «Nach der Verhaftung einer ehemaligen Bundestagsabgeordneten der AfD, die den Bundestag stürmen lassen wollte, müssen dringend ihre bestehenden Kontakte in das Parlament überprüft werden.» Insgesamt solle der Bundestag sein Sicherheitskonzept prüfen.

Dass unter den Beschuldigten eine ehemalige AfD-Abgeordnete des Deutschen Bundestages sei, «ist natürlich ein sehr bemerkenswerter und sehr schlimmer Vorfall», sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gestern Abend nach Beratungen mit den Länderchefs im Kanzleramt. Er war zuvor nach den Konsequenzen gefragt worden, die aus diesem Ereignis gezogen werden müssten. Es gehe nun um «autonome Entscheidungen der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, die jeweils auf rechtlicher Grundlage eine Abwägung vornehmen», betonte Scholz. Das sei ein gutes Verfahren im Umgang mit den Geschehnissen.

Graf Lambsdorff für besseren Schutz des Richteramts

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff sprach sich angesichts der Festnahme von Malsack-Winkemann für einen besseren Schutz des Richteramts aus. «Ich kann beim besten Willen nicht verstehen, wie man einer so offenkundig verfassungsfeindlichen Person den Zugang zur Richterbank öffnet», sagte er dem Fernsehsender Welt. Die Politik müsse überlegen, ob man das Richterinnen- und Richtergesetz klarer fasse, «um hier ganz deutlich auszuschliessen, dass solche Leute Recht sprechen in Deutschland, die eine feindliche Einstellung zu unserer Rechtsordnung als solcher haben».

Der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbunds, Ulrich Silberbach, forderte im RND «klare Kante» gegen Verfassungsfeinde im Staatsdienst. «Wer nicht mit beiden Beinen fest auf dem Boden unserer Verfassung steht, hat im öffentlichen Dienst nichts zu suchen, das gilt sowohl für Beamtinnen und Beamte als auch für die Arbeitnehmenden im Staatsdienst.»

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