Orban im Clinch mit Schweden
Ungarns Ministerpräsident Orban zieht scharfe Kritik aus Stockholm auf sich. In einem Beitrag spielte er auf die grassierende Bandenkriminalität in Schweden ein.

Mit einer Breitseite gegen den EU- und NATO-Partner Schweden hat Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban ungewohnt deutliche Kritik aus Stockholm auf sich gezogen.
Auf der Plattform X hatte Orban moniert, dass die schwedische Regierung Ungarn Vorträge über Rechtsstaatlichkeit halten wolle, während in ihrem eigenen Land gleichzeitig Recht und Ordnung kollabierten. Damit spielte er auf die grassierende Bandenkriminalität an, mit der Schweden seit Jahren ringt und in die immer wieder Minderjährige hineingezogen werden.
Orban erklärte unter Verweis auf einen Artikel der Zeitung «Die Welt», dass kriminelle Netzwerke schwedische Kinder als Mörder ausnutzten – wohl wissend, dass das Rechtssystem sie nicht verurteile. «Wenn jede Ordnung zusammenbricht, bleibt die Barbarei übrig», sagt er in einem Video von einem Wahlkampfauftritt am Wochenende.
Orbans Behauptungen
Darin behauptet Orban auch, dass 284 minderjährige Mädchen wegen Mordes in Schweden verhaftet worden seien – eine Zahl, die so nicht stimmt.
In dem von der «Welt» publizierten Artikel ist die Rede davon, dass gegen etwa 280 Mädchen zwischen 15 und 17 Jahren im vergangenen Jahr Ermittlungsverfahren wegen Mordes, Totschlags oder anderer Gewaltverbrechen eingeleitet worden seien. Inwieweit sich die Gesamtzahl auf die einzelnen Tatbestände bezieht, geht daraus nicht hervor.
In Stockholm wollte man Orbans Angaben so nicht stehen lassen. «Das sind ungeheuerliche Lügen», wetterte Ministerpräsident Ulf Kristersson auf X. Überraschend sei es nicht, dass diese Worte aus dem Mund des Mannes kämen, der die Rechtsstaatlichkeit in seinem Land abbaue. Orban sei vor der bevorstehenden Parlamentswahl in Ungarn verzweifelt, fügte er hinzu.
Orban geht Amtskollegen immer wieder öffentlich an
Normalerweise sind die Regierungen der EU-Länder darum bemüht, Inlandsthemen in den anderen Mitgliedstaaten möglichst unkommentiert zu lassen. Orban ist jedoch dafür bekannt, seine Amtskollegen immer wieder öffentlich anzugehen.
Gerade Schweden ist in der Hinsicht ein gebranntes Kind: Als sich das skandinavische Land vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine 2022 zum NATO-Beitritt entschlossen hatte, musste es sich immer wieder kritische Aussagen von Orban anhören.
Ebenso wie die Türkei blockierte Ungarn die schwedische NATO-Mitgliedschaft lange Zeit, ehe Schweden im März 2024 doch noch als 32. Mitglied in das Verteidigungsbündnis aufgenommen wurde.