Italien liefert mutmasslichen Nord-Stream-Saboteur aus
Ein Gericht in Italien gibt grünes Licht für die Auslieferung des mutmasslichen Nord-Stream-Saboteurs Serhij K. nach Deutschland.

Ein italienisches Berufungsgericht in Bologna hat die Auslieferung des 49-jährigen Ukrainers Serhij K. nach Deutschland angeordnet. Das Gericht sah keinerlei rechtliche Hindernisse für eine Überstellung an die deutschen Behördenm, so die «Tagesschau».
Die Richter in Italien bewerteten alle vorgebrachten Einwände der Verteidigung als unzureichend für eine Verweigerung der Auslieferung. Der Anwalt des Beschuldigten kündigte umgehend an, den Fall vor Italiens oberstes Gericht zu bringen.
Experten bewerten die Chancen auf eine erfolgreiche Verhinderung der Auslieferung jedoch als äusserst gering. Die enge justizielle Zusammenarbeit zwischen den EU-Partnern Deutschland und Italien spricht für eine zügige Umsetzung der Gerichtsentscheidung.
Nord-Stream-Saboteur im Familienurlaub in Italien festgenommen
Serhij K. wurde laut «ZDFHeute» Ende August während eines Familienurlaubs an der Adriaküste in Italien festgenommen. Die italienischen Sicherheitskräfte vollstreckten den Haftbefehl während der vermeintlich entspannten Ferienzeit der Familie.

Grundlage für die Verhaftung war ein europäischer Haftbefehl, den die deutschen Behörden ausgestellt hatten. Offenbar rechnete der Verdächtige nicht damit, dass internationale Fahndungsmassnahmen auch während seiner Ferienreise vollstreckt werden könnten.
Bei dem Haftprüfungstermin wies K. alle Vorwürfe zurück und behauptete, zur Zeit der Pipeline-Anschläge in der Ukraine gewesen zu sein.
Serhii soll Sprengsätze an Gaspipeline angebracht haben
Die deutsche Bundesanwaltschaft wirft Serhij K. vor, einer der Koordinatoren der Sprengstoffanschläge auf die Nord-Stream-Pipelines gewesen zu sein. Er soll zu einer Gruppe von Personen gehört haben, die im September 2022 Sprengsätze an den Gaspipelines platzierten.
Die Ermittler sehen in ihm eine Schlüsselfigur bei der Planung und Durchführung der Sabotageaktion. Konkret lauten die Anklagepunkte auf gemeinschaftliches Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und verfassungsfeindliche Sabotage.

Nach Informationen des «Spiegel»-Magazins soll es sich bei dem Beschuldigten um einen ehemaligen Agenten des ukrainischen Geheimdienstes SBU handeln. Die italienischen Behörden vermuten zudem eine mögliche Beteiligung an Anschlägen auf Schiffe der russischen Schattenflotte im Mittelmeer.
Die Segeljacht «Andromeda» als Tatmittel
Für die Durchführung der Sabotageaktion wurde die Segeljacht «Andromeda» verwende, wie die «Süddeutsche» berichtet. Das Schiff war in Rostock gestartet und über Mittelsmänner mit gefälschten Ausweisen bei einem deutschen Unternehmen gechartert worden.
Die Täter nutzten somit deutsche Infrastruktur für ihre Vorbereitungen zu dem Anschlag auf die Energieversorgung. Die Sprengsätze detonierten am 26. September 2022 und beschädigten die Pipelines so schwer, dass kein Gas mehr transportiert werden konnte.
An drei der vier Leitungen wurden Lecks entdeckt, wobei zu diesem Zeitpunkt bereits kein Gas mehr durch die Rohre strömte. Die internationale Ermittlungsarbeit von Deutschland, Schweden und Dänemark führte schliesslich zur Identifizierung der Verdächtigen.
Verfahren vor dem Hamburger Gericht
Nach der Auslieferung soll Serhij K. dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt werden. Ein möglicher Prozess würde laut der «Tagesschau» wahrscheinlich vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg stattfinden.

Die Zuständigkeit Hamburgs ergibt sich aus der Kompetenz des Hanseatischen Oberlandesgerichts für Staatsschutzsachen in Mecklenburg-Vorpommern. Der Verdächtige könnte aus Italien direkt in ein Hamburger Untersuchungsgefängnis gebracht werden.
Ein konkreter Termin für die Überstellung steht noch nicht fest, wird aber in den kommenden Wochen erwartet.