Ist bald Schluss mit «C wie Cäsar» und «E wie Emil»? Eine neue DIN-Norm könnte einige Städte in Deutschland in aller Munde bringen - etwa Cottbus, Essen, Nürnberg und Unna.
Noch heisst es H wie Heinrich. Foto: picture alliance / dpa
Noch heisst es H wie Heinrich. Foto: picture alliance / dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • «Cottbus» statt «Cäsar» und «Iserlohn» statt «Ida»? 26 Städte in Deutschland können sich über die mögliche Aufnahme ihres Namens ins Buchstabier-Alphabet der Verwaltung freuen.

«Denn dann ist der Name unserer Stadt in aller Munde», sagte ein Sprecher der Stadt Nürnberg, die künftig für den Buchstaben «N» stehen könnte (statt «Nordpol»). Das Deutsche Institut für Normung (DIN) arbeitet an einer neuen Fassung der Buchstabiertafel für Wirtschaft und Verwaltung mit Orts- statt Vornamen.

Die DIN 5009 regelt, mit welchen Worten beim Diktieren Buchstaben verdeutlicht werden. Sie wird vor allem in Wirtschaft und Verwaltung genutzt, Rettungsdienste, Polizei oder Luftfahrt sind nicht betroffen. Verpflichtend ist die Nutzung nicht, sie kommt aber in Ausbildung und Lehrbüchern vor. Sie umfasst 32 Buchstaben und Buchstabengruppen - von A wie Ausgburg bis Z wie Zwickau, ausserdem «Ch», «Sch», «Eszett» und die drei Umlaute Ä, Ö, Ü.

Städtenamen als Kompromiss

Bislang werden vor allem Vornamen («D wie Dora», «E wie Emil») genutzt - und zwar 16 Männer- und nur sechs Frauennamen. «Das entspricht nicht der heutigen Lebensrealität», teilte das Institut mit. Es sei nicht möglich, alle relevanten ethnischen und religiösen Gruppen und dann auch noch geschlechtergerecht ausgewogen darzustellen. Städtenamen seien ein guter Kompromiss.

In dem Entwurf setzt man vor allem auf Orte, die ein Autokennzeichen mit einem Buchstaben haben. Man habe versucht, westdeutsche und ostdeutsche Bundesländer ausgeglichen auszuwählen. Chemnitz, Görlitz, Jena und fünf weitere der 26 Städte vertreten die Bundesländer in Ostdeutschland. Dazu kommt mit «Vogtland» die einzige Region unter den Bezeichnungen sowie auch Berlin beim Buchstaben B.

Spitzenreiter mit sieben Städten - etwa Essen, Köln und Wuppertal - ist Nordrhein-Westfalen, dahinter folgt Bayern mit vier - zum Beispiel München und Augsburg. Das Saarland, Rheinland-Pfalz, Bremen, Hamburg und Sachsen-Anhalt gehen nach derzeitigem Stand leer aus.

Bei «Eszett» und «Ypsilon» bleibt es bei der einfachen Bezeichnung der Buchstaben. Die Umlaute heissen nicht mehr «Ärger», «Ökonom» und «Übermut», sondern Umlaut-A, Umlaut-O und Umlaut-U.

Freude in den Städten

Viele Städte zeigen sich erfreut: «Vom damit verbundenen Bekanntheitsgrad würden wir als vergleichsweise kleine Stadt besonders profitieren», hiess es aus Tübingen.

«Die DIN 5009 wird gerade überarbeitet - und wir sind mit dabei», freute sich Regensburgs Zweite Bürgermeisterin Astrid Freudenstein in der «Mittelbayerischen Zeitung».

«Wir sind überrascht, aber es ist doch schön, dass man an Unna gedacht hat», sagte ein Sprecher der Stadt. Die Wahl dürfte dem Umstand geschuldet sein, «dass es nicht so viele Städte mit U gibt». «Wenn es in den Sprachgebrauch übergeht, ist Xanten in aller Munde», hiess es aus der Stadt in NRW. «O für Oldenburg, klingt doch richtig gut und zwischen Nürnberg und Potsdam fühlen wir uns auch richtig gut aufgehoben», sagte ein Sprecher der niedersächsischen Stadt.

Das DIN arbeitet schon seit vergangenem Herbst an den neuen Diktierregeln. Ausgelöst hat die Reform Michael Blume, Baden-Württembergs Antisemitismusbeauftragter. Ihn stört, dass in der aktuellen Tafel noch immer Relikte aus der Zeit der Nationalsozialisten stecken. Die hatten 1934 alle jüdischen Namen entfernt: Aus David wurde Dora, aus Nathan Nordpol, aus Samuel Siegfried. Zwar wurde die Tafel nach 1945 einige Male überarbeitet. Doch Nathan blieb draussen, Nordpol drin - jetzt könnte daraus Nürnberg werden. Die Stadt teilte mit, gerade aus der Geschichte der Stadt heraus begrüsse man den Vorstoss.

Die Ende Juli vorgestellte Fassung mit den Ortsnamen ist ein Entwurf, Interessierte können sich noch mit Ideen und Kommentaren an das Deutsche Institut für Normung wenden. Die endgültige Fassung wird Mitte 2022 erwartet.

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