Der «Nationalsozialistische Untergrund» (NSU) hat durch Deutschland eine regelrechte Blutspur gezogen. Jetzt fällt nach fünf Jahren Verhandlungen das Urteil.
Wird Beate Zschäpe als Mörderin zu lebenslanger Haft verurteilt? Auch nach mehr als fünf Prozessjahren bleibt die Hauptangeklagte rätselhaft.
Wird Beate Zschäpe als Mörderin zu lebenslanger Haft verurteilt? Auch nach mehr als fünf Prozessjahren bleibt die Hauptangeklagte rätselhaft. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Nach fünf Jahren NSU-Prozess fällt am Mittwoch in München das Urteil.
  • Für die Hauptangeklagte Zschäpe forderte die Bundesanwaltschaft lebenslange Haft.
  • Der NSU trägt Schuld an einer der schrecklichsten Mordserien in Deutschland.

Es ist einer der grössten politischen Prozesse in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Seit mehr als fünf Jahren verhandelt das Oberlandesgericht München die Causa NSU.

Es geht um eine Serie von Morden und anderer Gewalttaten, die der rechtsextremen Terrorzelle «Nationalsozialistischer Untergrund» (NSU) zugeordnet werden. Am Mittwoch werden nach 437 Verhandlungstagen die Urteile verkündet.

Für die Hauptangeklagte Beate Zschäpe hat die Bundesanwaltschaft lebenslange Haft und anschliessende Sicherungsverwahrung gefordert. Vier Männer aus der ostdeutschen Neonazi-Szene sind wegen Beihilfe zum Mord und Unterstützung des NSU angeklagt und sollen nach dem Willen der Ankläger für etliche Jahre hinter Gitter.

Trio blieb jahrelang unentdeckt

Es geht um zehn Morde, zwei Bombenanschläge mit Dutzenden Verletzten und 15 Raubüberfälle. Die Taten: fast ausschliesslich rassistisch motiviert. Neun von zehn Opfern waren ausländischer Abstammung.

Lange, sehr lange hatte es gedauert, bis die Rechtsterroristen aufflogen. Die Behörden hatten viele Jahre lang falsche Fährten verfolgt und den rechtsextremen Hintergrund der Taten verkannt. Von «Döner-Morden» war die Rede, weil einige der Opfer Döner-Imbisse betrieben. Verdächtige wurden in den Reihen der Familien gesucht, die trauernden Angehörigen somit zu Mittätern gemacht.

Enver Şimşek war das erste Opfer der NSU-Mordserie. Der Inhaber eines Blumenhandels wurde am 9. September 2000 an seinem mobilen Blumenstand in Nürnberg niedergeschossen.
Enver Şimşek war das erste Opfer der NSU-Mordserie. Der Inhaber eines Blumenhandels wurde am 9. September 2000 an seinem mobilen Blumenstand in Nürnberg niedergeschossen. - dpa

Erst im November 2011 flog die Terrorzelle von Zschäpe und den beiden Mittätern Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos auf. Die beiden Männer werden schliesslich gestellt und begehen Selbstmord, weshalb die heute 43 Jahre alte Zschüpe für all diese Taten alleine gerade stehen muss.

Ist Zschäpe ein unwissendes Opfer?

Eine der spannendsten Fragen des Prozesses ist, ob das Oberlandesgericht unter dem Vorsitzenden Richter Manfred Götzl Zschäpe tatsächlich als Mittäterin verurteilen wird.

Laut Anklage betrachteten die NSU-Mitglieder ihre Verbrechen als gemeinsame Taten, die sie «in einer aufeinander abgestimmten Arbeitsteilung» verübten. Zschäpe war demnach für die Logistik der Gruppe verantwortlich und verwaltete das Geld aus den Raubüberfällen, ohne das die Mordanschläge nicht hätten verübt werden können. Nach Einschätzung der Verteidiger kann Zschäpe aber nur wegen der Brandstiftung in Zwickau belangt werden.

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