Rund sieben Monate nach einem tödlichen Unfall bei einem mutmasslichen illegalen Strassenrennen in Niedersachsen hat die Staatsanwaltschaft Hannover eine Autofahrerin wegen Mordes angeklagt.
Polizeifahrzeug
Polizeifahrzeug - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Zwei Kinder starben bei Kollision mit unbeteiligten Fahrzeugen auf Gegenfahrbahn.

Wie die Anklagebehörde am Mittwoch in der niedersächsischen Hauptstadt mitteilte, soll die 39-Jährige eines der beiden in dem mutmasslichen Rennen beteiligten Fahrzeuge gesteuert haben. Den 40-jährigen Fahrer des zweiten Wagens klagte sie unter anderem wegen Mordbeihilfe an.

Bei dem Unfall auf einer Landstrasse bei Barsinghausen in der Region Hannover waren Ende Februar 2022 zwei Kinder im Alter von zwei und sechs Jahren in einem unbeteiligten Fahrzeug ums Leben gekommen. Sie sassen mit ihren Eltern in einem Wagen, der in einen durch die beiden Rennteilnehmer verursachten Unfall verwickelt wurde. Diese waren laut Anklage an einer unübersichtlichen Stelle nebeneinander mit hohem Tempo über eine zweispurige Landstrasse gerast.

Demnach wollten sich die 39-Jährige und der 40-Jährige mit hochmotorisierten Autos duellieren, wobei sich nun wegen Mordes angeklagte Frau mit ihrem Fahrzeug permanent auf der Gegenfahrbahn befand. Dort kamen ihr letztlich in einer Rechtskurve hinter eine Kuppe mehrere Autos entgegen. Die Fahrerin kam ins Schleudern und stiess mit ihrem Wagen gegen eines der entgegenkommenden Fahrzeuge. Dieses drehte sich und prallte danach in das Auto der Familie.

Bei dem Unfall wurden auch die Eltern der beiden getöteten Jungen sowie der Fahrer des anderen entgegenkommenden Wagens schwer verletzt. Neben Mord und Beihilfe zum Mord wirft die Staatsanwaltschaft den mutmasslichen Teilnehmern des Rennens auch gefährliche Körperverletzung sowie Beteiligung an einem verbotenen Autorennen und Strassenverkehrsgefährdung vor. Die Anklage wird jetzt vom Landgericht Hannover geprüft, das auch den Prozess führen würde.

Die Hauptbeschuldigte wurde nach Angaben der Staatsanwaltschaft parallel zur Anklageerhebung in Untersuchungshaft genommen. Die 39-Jährige sei auf der Basis eines antragsgemäss erlassenen Haftbefehls nach einer internationalen Fahndung am Dienstag in Polen festgenommen worden, teilte die Behörde mit.

Die Staatsanwaltschaft stützte die Mordanklage nach eigenen Angaben auf eine höchstrichterliche Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum sogenannten Berliner Raserfall. In der Entscheidung aus dem Jahr 2020 hatte der BGH ein Mordurteil gegen den Teilnehmer eines Strassenrennens bestätigt, bei dem der Fahrer eines unbeteiligten Autos um Leben gekommen war. Damit wurde zugleich für vergleichbar gelagerte Fälle ein juristischer Präzedenzfall geschaffen.

Aufgrund der Ermittlungsergebnisse sei davon auszugehen, dass die 39-Jährige bei der Fahrt auf der Gegenfahrbahn «einen Unfall mit tödlichem Ausgang für die Insassen der ihr entgegenkommenden Fahrzeuge billigend in Kauf genommen hat», erklärte die Staatsanwaltschaft Hannover. Der 40-Jährige sei wegen Beihilfe angeklagt worden, weil auch er seinen Wagen durchgehend weiter beschleunigt und zu der «gefährlichen Verkehrssituation» beigetragen habe.

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