Der Anschlag in Istanbul führte zu sechs Toten und 81 Verletzten. Nun veröffentlicht die Polizei weitere Details über den Angriff.
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Ermittler am Anschlagsort in Istanbul - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Nach dem Terroranschlag in Istanbul wurde eine verdächtige Person festgenommen.
  • Videos zeigen, wie eine junge Frau verhaftet und von Polizisten abgeführt wird.
  • Laut der Polizei handelt es sich um eine Syrerin, die den Angriff gestanden haben soll.

In Istanbul kam es am Sonntag zu einem mutmasslichen Anschlag mit einer einer tödlichen Explosion. Sechs Menschen kamen dabei ums Leben, 81 wurden verletzt.

Kurz darauf wurde eine verdächtige Frau festgenommen. Videos der Verhaftung zeigen, wie Sicherheitskräfte in ihre Wohnung eindringen. Dann werden ihr Handschellen angelegt und sie wird abgeführt.

Kurz vor der Explosion hat eine Überwachungskamera gefilmt, wie eine junge Frau mit einer roten Rose vom Tatort wegrennt. Die Verdächtige, die nun festgenommen wurde, soll eine Bombe unter einer Bank in der Einkaufsstrasse Istiklal platziert haben.

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Die Frau hatte eine rote Rose in der Hand. - Türkische Behörden

Die Polizei hat nun weitere Details veröffentlicht. Die mutmassliche Attentäterin sei Syrerin und habe Verbindungen zur syrischen Kurdenmiliz YPG zugegeben, teilte die Polizei am Montag mit. Die Türkei setzt die YPG mit der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK gleich.

Die Attentäterin gestand nach Angaben der Polizei auch, über Syrien illegal in die Türkei eingereist zu sein. Es habe im Zusammenhang mit dem gestrigen Anschlag 46 Festnahmen gegeben. Wie «Cumhuriyet» berichtet, soll sie gestanden haben, die in einem Rucksack versteckte Bombe gelegt zu haben.

Verdächtige war kurz vorher genau an Explosionsstelle

Justizminister Bekir Bozdag zufolge befand sich der Sprengsatz offenbar in einer Tasche auf einer Bank. Videoaufnahmen zeigten, wie die Verdächtige etwa 40 Minuten lang auf einer Bank sass. Wenige Minuten vor der Explosion stand sie dann auf, sagte Bozdag.

Istanbul
Die verdächtige Frau wurde von der Polizei in Istanbul festgenommen. - Twitter

Vizepräsident Fuat Oktay hatte die Tat als «Terroranschlag» bezeichnet. «Entweder befand sich in der Tasche ein Zeitzünder oder jemand hat sie aus der Ferne explodieren lassen.»

Die Türkei macht die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK für den Anschlag verantwortlich. Die PKK steht in der Türkei, Europa und den USA auf der Terrorliste. Sie unterhält Stellungen in der Südosttürkei und im Nordirak. Ihr Hauptquartier liegt in den nordirakischen Kandil-Bergen.

Istanbul, Turkey
Der türkische Vizepräsident Fuat Oktay (vorne,l) und andere tragen den Sarg von Arzu Ozsoy. Sie starb beim Anschlag. - keystone

PKK weist Verantwortung von sich

Die PKK weist jedoch jede Verantwortung für den Anschlag von sich. «Unser Volk und die demokratische Öffentlichkeit wissen genau, dass wir nichts mit diesem Vorfall zu tun haben. Dass wir nicht direkt auf Zivilisten zielen und dass wir Aktionen nicht akzeptieren, die auf Zivilisten abzielen». Das schrieb die in der Türkei verbotene Organisation in einer von der PKK-nahen Nachrichtenagentur Firat am Montag veröffentlichten Erklärung.

Die Lesart der türkischen Regierung ist lange die einzige Darstellung der Ereignisse, die Menschen in der Türkei zu hören bekommen. Dies liegt an einer schnell verhängten Nachrichtensperre für Medien im Land. Laut offizieller Darstellung wurde die Nachrichtensperre zu Verhinderung von Angst und Panik verhängt. Ausnahmen wurden nur für offizielle Mitteilungen gemacht.

«Es ist ein autoritäres Regime», sagte Berk Esen, Politikwissenschaftler an der Sabanci Universität in Istanbul. «Es stützt sich auf ein Black-Out der Medien, wenn man Gefahr läuft, scharfe Kritik zu kassieren.»

Operation in Nordsyrien wird verlangt

Noch bevor die Ermittlungen abgeschlossen sind, hätten türkische Beamte für eine neue Militäroperation in Nordsyrien plädiert. Dies sagte Berkay Mandirici von der International Crisis Group. Ein Vorhaben, das Präsident Recep Tayyip Erdogan seit Mitte des Jahres ankündigt. Ankara geht regelmässig gegen alle drei Gruppierungen militärisch vor, in der Südosttürkei, dem Nordirak und in Nordsyrien.

Mandirici sagte, es bleibe abzuwarten, ob die türkischen Ermittlungen weitere Beweise für die Behauptung einer Schuld der PKK/YPG aufdeckten. Die Terrormiliz Islamischer Staat oder das Terrornetzwerk Al-Kaida und Sympathisanten dieser Gruppen sollten noch nicht als potenzielle Täter ausgeschlossen werden.

Sicherheit in der Türkei wird hinterfragt

Das Attentat zeige in jedem Fall eine deutliche Sicherheitslücke, so der Politikwissenschaftler Esen. Laut Polizei ist die Hauptverdächtige illegal aus dem Norden Syriens in die Türkei gereist. Sie habe auf einer stark überwachten Strasse eine Bombe deponieren und zünden können. Das werfe ein schlechtes Licht auf die Regierung und besonders das Innenministerium, so Esen.

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