Bundeskanzlerin Merkel will Europa in Gesundheitsfragen mehr Macht übertragen. Falls nötig müssten dafür auch die EU-Verträge geändert werden.
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Merkel bleibt dabei: Keine Äusserung zur Russlandpolitik geplant. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Bundeskanzlerin Angela Merkel will Brüssel in Gesundheitsfragen mehr macht geben.
  • Dafür fordert sie weitgehende Reformen und allfällige Änderungen der EU-Verträge.
  • Daniel Freund kritisiert die langsame Politik von Merkel.

Nach den Erfahrungen der Corona-Pandemie plädiert Bundeskanzlerin Angela Merkel dafür, Europa mehr Macht in Gesundheitsfragen zu übertragen. Falls nötig müssten dafür auch die EU-Verträge geändert werden. Das sagte die CDU-Politikerin am Mittwoch in einer Online-Diskussion der Europäischen Volkspartei zur Zukunft Europas.

«Ich glaube, dass Europa im Bereich Gesundheit mehr Kompetenzen braucht», sagte Merkel. «Wahrscheinlich muss man dazu auch die Verträge ändern. Ich war immer offen für Vertragsänderungen, wenn sie einen Sinn machen. Das ist kein Selbstzweck.»

Die Kanzlerin verteidigte zugleich nochmals die Beschaffung von Corona-Impfstoff über Brüssel. Sicher seien auch Fehler gemacht worden, aber: «Also, es ist echt nicht alles schiefgelaufen», sagte Merkel.

Manfred Weber Angela Merkel
CSU-Europapolitiker Manfred Weber (l.) und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (r.) nehmen an einer Parteiveranstaltung der EPP, CDU und CSU in München teil. (Archivbild) - Keystone

Sie äusserte sich im Gespräch mit dem CSU-Europapolitiker Manfred Weber vor dem Start der Konferenz zur Zukunft Europas am 9. Mai. Weber plädierte für weitergehende Reformen, um die EU schneller, effizienter und bürgerfreundlicher zu machen.

Wenn die EU-Staaten einstimmig entscheiden müssten - wie in der Aussen- und der Steuerpolitik -, «dort versagt Europa», sagte Weber. Er ist Fraktionschef der Europäischen Volkspartei im Europaparlament. «Ich bin nicht mehr bereit, dass ich da auf den langsamsten warte.»

Weber will Amt eines «wirklichen EU-Aussenministers» schaffen

In einem Interview der Deutschen Presse-Agentur hatte Weber zuvor bereits dafür plädiert, das Amt eines «wirklichen EU-Aussenministers» zu schaffen. Und die beiden Präsidentenämter an der EU-Spitze - Kommissionspräsident und Ratspräsident - zu vereinen. «Europa braucht ein Gesicht in der Welt und muss mit einer Stimme sprechen», meinte Weber in dem dpa-Interview.

Hier zeigte sich Merkel jedoch viel zurückhaltender. Auch die Änderung der EU-Verträge erfordere Einstimmigkeit der Mitgliedsstaaten - diese hätten das Verfahren in der Hand. Um öfter mit Mehrheit statt einstimmig in der Aussenpolitik entscheiden zu können, «muss man nachdenken, was man tun könnte».

Sie verwies auf ihren Vorschlag eines kleinen, rasch handlungsfähigen EU-Sicherheitsrats. «Aber da muss man sicherlich mit Augenmass vorgehen, sonst führt das schnell dazu, dass man Europa auseinander sprengt», sagte Merkel. Nötig sei Fingerspitzengefühl.

Freund kritisiert Merkels Politik

Die Konferenz zur Zukunft Europas soll bis Anfang 2022 EU-Reformpläne ausarbeiten. Merkel plädierte dafür, die Bürger dabei nach konkreten Themen zu fragen, etwa die Gesundheitsversorgung. «Es sollte nicht so abgehoben sein, sondern durchaus konkret.»

Der Grünen-Europaabgeordnete Daniel Freund reagierte mit Kritik: Die Bundeskanzlerin würde es nicht schaffen, «dem Projekt Europa einen Schub in die Zukunft zu geben.» Dies, «auch auf den letzten Metern ihre Karriere» nicht.

Und weiter kritisiert er auch ihre «realistische und langsame EU-Politik mit Augenmass». Merkel würde «bei der Integration Europas seit anderthalb Jahrzehnten auf der Bremse» stehen.

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