Lambrecht bringt Entwurf für Kinderrechte in der Verfassung auf den Weg
Nach jahrelanger Debatte über die Stärkung von Kinderrechten hat Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) den Entwurf für eine Grundgesetzänderung auf den Weg gebracht.

Das Wichtigste in Kürze
- Vorlage geht in die Ressortabstimmung - Kritik von Union und Grünen .
In der Verfassung soll künftig ausdrücklich festgeschrieben werden, dass jedes Kind das «Recht auf Achtung, Schutz und Förderung seiner Grundrechte» habe, wie es in dem am Mittwoch vorgelegten Entwurf der Ministerin heisst. Union und Grüne kritisierten die Vorlage.
Kinder seien keine «kleinen Erwachsenen», sondern «Träger eigener Grundrechte gegenüber dem Staat», sagte Lambrecht. Der Entwurf, der am Dienstag in die Ressortabstimmung ging, sieht einen neuen Absatz 1a in Artikel 6 der Verfassung vor.
Lambrecht schlug dafür folgende Formulierung vor: «Jedes Kind hat das Recht auf Achtung, Schutz und Förderung seiner Grundrechte einschliesslich seines Rechts auf Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit in der sozialen Gemeinschaft. Das Wohl des Kindes ist bei allem staatlichen Handeln, das es unmittelbar in seinen Rechten betrifft, angemessen zu berücksichtigen. Jedes Kind hat bei staatlichen Entscheidungen, die seine Rechte unmittelbar betreffen, einen Anspruch auf rechtliches Gehör.»
Der Entwurf, über den zunächst die «Süddeutsche Zeitung» berichtet hatte, baut auf dem Bericht einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe auf. Das Ministerium erarbeitete eine Synthese aus den drei Formulierungsvorschlägen der Experten.
Die Grundrechte bestünden gegenüber dem Staat, betonte die Justizministerin. Die Verantwortung der Eltern werde dadurch nicht beeinträchtigt.
Demgegenüber kritisierte die Union die Vorlage der Ministerin als zu weitgehend. «Es besteht bei Kinderrechten keine verfassungsrechtliche Schutzlücke», erklärte die rechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU).
Der Absatz 2 des Grundgesetzartikels 6 weise das Recht zur Erziehung der Kinder zuallererst den Eltern zu, betonte sie. «Der Staat hat die Rolle des Wächters, der immer dann - und nur dann - einschreitet, wenn die Eltern ihrer Verantwortung nicht gerecht werden», betonte die Unionspolitikern.
Es dürfe «keine Einmischung des Staates in Familien» geben. Deshalb könnten die Kinderrechte nur im Rahmen des zweiten Absatzes von Artikel sechs festgeschrieben werden.
Die Grünen wiederum kritisierten Lambrechts Entwurf als zu zaghaft. Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt bezeichnete den Vorschlag der Ministerin in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" als "Enttäuschung auf ganzer Linie". Der Gesetzentwurf bleibe hinter der UN-Kinderrechtskonvention zurück". Die Ministerin betreibe "mit schwachen Formulierungen Symbolpolitik".
Ein von den Grünen vorgelegter Entwurf bedeute hingegen «eine echte Stärkung» der Kinderrechte, auch weil Kindern aktive Beteiligung garantiert werde, sagte die Fraktionschefin. Gehör allein mache noch keine Beteiligung aus.
Lambrecht verteidigte ihre Vorlage als «ausgewogene Formulierung». Mit Blick auf die anstehenden Beratungen in Bundestag und Bundesrat, in denen jeweils eine Zweidrittelmehrheit für eine Annahme erforderlich ist, fügte sie hinzu: «Wir wissen, dass wir noch einen spannenden Weg vor uns haben.» Union und SPD hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag auf die Schaffung eines «Kindergrundrechts» in der Verfassung geeinigt.