Es wird einsam um Kardinal Woelki. Jetzt wendet sich auch ein hoher Geistlicher von ihm ab. Der Kirchenrechtler Thomas Schüller sieht Parallelen zum Fall des Limburger «Protzbischofs» Tebartz-van Elst.
Kardinal Rainer Maria Woelki verweigert seit Monaten die Veröffentlichung eines von ihm selbst in Auftrag gegebenen Gutachtens. Foto: Andreas Arnold/dpa
Kardinal Rainer Maria Woelki verweigert seit Monaten die Veröffentlichung eines von ihm selbst in Auftrag gegebenen Gutachtens. Foto: Andreas Arnold/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki ist in seinem eigenen Erzbistum zunehmend isoliert.

Nach dem Diözesanrat distanzierte sich nun auch Stadtdechant Robert Kleine von ihm, der oberste Repräsentant der katholischen Kirche in der Stadt Köln.

Woelkis Anspruch als Aufklärer in der Missbrauchskrise sei «desavouiert», sagte Kleine dem «Kölner Stadt-Anzeiger». Kleine stellte sich hinter die Laiengremien des Erzbistums, die Woelki einen völligen Verlust von Glaubwürdigkeit vorgeworfen hatten. «Ich kann das sehr gut nachvollziehen», sagte Kleine. Viele Gläubige würden derzeit in Mithaftung genommen: «Warum seid ihr denn immer noch in diesem Verein?», bekämen sie zu hören. «Das erschüttert die Menschen.» Er könne derzeit niemandem einen Kirchenaustritt verdenken. Die April-Termine für Kirchenaustritte, die am Montag in Köln freigeschaltet wurden, waren bis zum Nachmittag schon zu mehr als der Hälfte ausgebucht, sagte ein Sprecher des Amtsgerichts.

Ehemalige Mitarbeiter von Woelki gehen bisher aber nicht davon aus, dass der 64-Jährige zurücktreten wird. Er wolle «die Sache durchkämpfen», heisst es. Andere katholische Bischöfe wie der Münchner Kardinal Reinhard Marx haben Woelki scharf kritisiert.

Kleine ärgert sich darüber, dass in der Missbrauchskrise immer noch kein Verantwortlicher aus eigenem Antrieb Konsequenzen gezogen hat. «In vielen anderen Bereichen übernehmen Führungskräfte sogar politische Verantwortung für Fehler, die sie sich persönlich nicht einmal zurechnen lassen müssen», sagte er. «Bei uns waren Verantwortliche auch persönlich involviert. Daher müssten sie erst recht sagen: Dafür stehe ich ein.»

Woelki verweigert seit Monaten die Veröffentlichung eines von ihm selbst in Auftrag gegebenen Gutachtens und führt dafür rechtliche Bedenken an. In dem Gutachten wird untersucht, wie Verantwortungsträger des Erzbistums in der Vergangenheit reagiert haben, wenn Priester des sexuellen Missbrauchs von Kindern beschuldigt wurden. Bekannt geworden ist bereits, dass der frühere Kölner Personalchef Stefan Hesse, heute Erzbischof von Hamburg, kritisch beurteilt wird. Am 18. März will Woelki ein neues Missbrauchsgutachten veröffentlichen lassen.

Der Kirchenrechtler Thomas Schüller sieht in der öffentlichen Distanzierung des Stadtdechanten Parallelen zu den Vorkommnissen im Bistum Limburg rund um «Protzbischof» Franz-Peter Tebartz-van Elst. In dem Fall hatte der Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz dem Bischof 2013 öffentlich sein Misstrauen ausgesprochen. Bald darauf wurde Tebartz-van Elst beurlaubt. «Von daher dürfte es mit Kardinal Woelki möglicherweise genau den gleichen Weg gehen. Wenn selbst die engsten priesterlichen Mitarbeiter sich von ihrem Erzbischof abwenden, kann auch ein Kardinal, der Erzbischof ist, nicht wirklich Erzbischof von Köln bleiben.»

Kleine kritisierte in dem Interview auch den Kölner Weihbischof Ansgar Puff, der in einem Video die kritische Medienberichterstattung über Bischöfe als Kampagne dargestellt und Vergleiche zu Donald Trump und Nazi-Propagandaminister Joseph Goebbels gezogen hatte. Später folgte eine Entschuldigung. «Die Nazi-Keule herauszuholen finde ich nie gut», sagte Kleine dazu. «Für das Desaster tragen diejenigen Verantwortung, die es anrichten, nicht die, die davon berichten.»

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