Keine hinreichenden Termine: Wadephul verschiebt China-Reise

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Deutschland,

Deutschlands Aussenminister Johann Wadephul hat seine geplante China-Reise kurzfristig abgesagt – ein diplomatisches Signal mit deutlicher Botschaft an Peking.

Johann Wadephul
Deutschlands Aussenminister Johann Wadephul – er verschob seine geplante China-Reise kurzfristig, nachdem Peking keine weiteren Gesprächstermine bestätigt hatte. (Archivbild) - dpa

Ein derart deutliches diplomatisches Zeichen hat es in Deutschland lange nicht gegeben: Quasi auf den letzten Drücker verschiebt Aussenminister Johann Wadephul eine seit Monaten für diesen Montag und Dienstag geplante, akribisch vorbereitete China-Reise.

Peking habe ausser einem Treffen des deutschen Ministers mit seinem Kollegen Wang Yi keine hinreichenden weiteren Termine bestätigt, begründete die Sprecherin des Auswärtigen Amts in Berlin öffentlich den aussergewöhnlichen Schritt.

Für die bekanntermassen sehr auf Gesichtswahrung bedachte chinesische Führung dürfte die Verschiebung der Ministerreise einem diplomatischen Eklat sehr nahekommen.

Peking hoffte auf Neubeginn mit Berlin

Dabei hatte Peking eigentlich darauf gesetzt, dass mit der seit Mai amtierenden deutschen Regierung des christdemokratischen Kanzlers Friedrich Merz und mit dessen Parteikollegen Wadephul an der Spitze des Auswärtigen Amts Tauwetter in den Beziehungen einsetzt, die unter der Vorgänger-Regierung in Berlin recht frostig waren. Wadephul sollte der erste Minister der neuen deutschen Regierung sein, der China besucht. Womöglich auch als Türöffner für Merz selbst.

Die damalige Aussenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte im September 2023 für schwerste Verärgerung in der chinesischen Staatsführung gesorgt, als sie Staats- und Parteichef Xi Jinping in einem Interview im US-Fernsehen mit einem Diktator verglich. Das Aussenamt in Peking hatte damals auch die deutsche Botschafterin einbestellt.

Doch nun lässt es auch der neue Aussenminister Wadephul nicht an diplomatischer Deutlichkeit gegenüber China fehlen. «Die chinesische Seite konnte zuletzt, bis auf den Termin mit dem chinesischen Aussenminister, hinreichende weitere Termine nicht bestätigen», liess er die Sprecherin des Auswärtigen Amts – des deutschen Aussenministierums – öffentlich erklären.

Kein Signal der Annäherung aus China

Keine hinreichenden weiteren Termine – deutlicher lässt sich kaum formulieren, dass Berlin mit der Haltung Pekings in für die deutsche Regierung zentralen Fragen unzufrieden ist.

Da ist etwa Chinas Rolle im seit mehr als dreieinhalb Jahre andauernden russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. In Berlin gilt es als offenes Geheimnis, dass Moskau den Krieg gegen seinen Nachbarn ohne Unterstützung aus Peking etwa durch sogenannte Dual-Use-Güter, die sowohl zivil als auch militärisch eingesetzt werden können, kaum so lange durchhalten würde.

Ganz zu schweigen davon, dass China zu den grössten Abnehmern von russischem Öl gehört und so die Kriegskasse von Kremlchef Wladimir Putin füllt.

Handelskammer hofft auf baldige Nachholung der Reise

Wadephul hätte in Peking sicher auch die Probleme der deutschen Wirtschaft adressiert – den Unternehmen bereiten Handelsbeschränkungen vor allem in den Bereichen seltene Erden und der Halbleiter grosse Sorgen. Das «Handelsblatt» hatte am Dienstag gemeldet, Wadephul wolle mit einer sechsköpfigen Wirtschaftsdelegation nach Peking reisen – darunter Vertreterinnen und Vertreter der Automobilindustrie wie von Maschinenbauern.

Das geschäftsführende Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer in Nordchina, Oliver Oehms, teilte dann auch mit: «Wir bedauern, dass der geplante Austausch verschoben wurde. Für die deutsche Wirtschaft in China wäre mehr Klarheit bei vielen Themen, die die Beziehungen betreffen, wichtig gewesen. Unsere Mitglieder hoffen, dass die Reise sehr bald nachgeholt wird.»

Berlin betont Gesprächsbereitschaft mit Peking

Auch die deutsche Aussenamtssprecherin betonte, gerade in diesen Tagen gebe es «eine Vielzahl von Themen, die wir mit der chinesischen Seite gerne besprechen wollen». Auch wenn die Merz-Regierung die deutsche Wirtschaft und deren Lieferketten diversifiziere sowie die Wettbewerbsfähigkeit stärke, «wollen wir mit China zusammenarbeiten», versicherte sie. «Wir bedauern sehr, dass es in den nächsten Tagen entgegen gemeinsamer Planungen kurzfristig dazu keine persönliche Gelegenheit geben wird.»

Zudem sei die Sicherheit Asiens und Europas eng miteinander verbunden, betonte die Sprecherin. «Unser Interesse ist, dass China dazu beiträgt, einen gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine zu erreichen.» Kein anderes Land habe so viel Einfluss auf Russland wie China.

Nicht ausgeschlossen, dass auch eine Äusserung aus China vom Vormittag in Berlin sauer aufgestossen ist. China fordere Deutschland auf, eine klare und entschiedene Haltung gegen jegliche Aktivitäten für eine Unabhängigkeit Taiwans einzunehmen und das Ein-China-Prinzip strikt einzuhalten, hatte Aussenamtssprecher Guo Jiakun gesagt. Die Wahrung des Status quo in der Region zu fordern, ohne dabei eine Unabhängigkeit Taiwans abzulehnen, komme einer Unterstützung «taiwanischer Unabhängigkeits-Aktivitäten» gleich.

Geplanter Austausch nun telefonisch vorgesehen

Nach dem Ein-China-Prinzip erkennen die meisten Staaten offiziell nur die Volksrepublik China und nicht den unabhängig regierten Inselstaat Taiwan an. So auch Deutschland. Peking betrachtet Taiwan als Teil seines Territoriums. Doch dass China fordert, man solle die Unabhängigkeit Taiwans klar ablehnen – das dürfte dann in Berlin doch als neue und weitgehende Forderung wahrgenommen worden sein.

Wadephul hatte China in den vergangenen Monaten immer wieder auch für Drohungen aus Peking kritisiert, den Status quo in der Meerenge zwischen Taiwan und China einseitig verändern zu wollen. Zudem hatte er Peking vorgehalten, in der Indopazifikregion immer aggressiver vorzugehen.

Die Reise werde auf einen späteren Zeitpunkt verschoben, sagte die Sprecherin des deutschen Aussenministeriums nun, ohne dies auf Nachfragen zu konkretisieren. Wadephul wolle sich sehr bald telefonisch mit seinem chinesischen Amtskollegen intensiv austauschen.

Kommentare

User #6800 (nicht angemeldet)

Er ist unerwünscht, genau so wie Annalenchen es war.

User #6515 (nicht angemeldet)

"Peking habe ausser einem Treffen des deutschen Ministers mit seinem Kollegen Wang Yi keine hinreichenden weiteren Termine bestätigt". Auch das ist mehr als deutliches Zeichen..., der "Eklat" dürfte sich im China somit ziemlich in Grenzen halten.

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