Deutschland schaltet seine letzten AKWs aus. Doch damit steigen derzeit noch die klimaschädlichen CO2-Emissionen.
AKW
Das Kernkraftwerk Emsland (Luftaufnahme mit einer Drohne). Nach der Abschaltung des Atomkraftwerks Emsland im niedersächsischen Lingen am 15. April rechnet Betreiber RWE mit einer 14 Jahre dauernden ersten Rückbauphase einschliesslich Nachbetrieb. Foto: Sina Schuldt/dpa - sda - Keystone/dpa/Sina Schuldt
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Das Wichtigste in Kürze

  • Eigentlich sollte der AKW-Ausstieg Deutschlands bis Ende 2022 abgeschlossen sein.
  • Nun, gut 100 Tage später, werden die letzte Atomkraftwerke ausgeschaltet.
  • Damit steigen allerdings die CO2-Emissionen.

Es ist so weit: Gut 100 Tage später als zunächst geplant gehen in Deutschland am Samstag die letzten Atomkraftwerke vom Netz. Mit der Abschaltung von Isar 2 (Bayern), Emsland (Niedersachsen) und Neckarwestheim 2 (Baden-Württemberg) geht im bevölkerungsreichsten EU-Land das Atomzeitalter zu Ende.

Mittelfristig soll in Europas grösster Volkswirtschaft der überwiegende Teil des Stroms aus erneuerbaren Energien fliessen. Doch wegen des immer noch hohen Kohleanteils steigen mit dem Atomausstieg die klimaschädlichen CO2-Emissionen.

Atomausstieg sollte schon abgeschlossen sein

Eigentlich sollte der vor rund 20 Jahren eingeleitete deutsche Atomausstieg zum 31. Dezember 2022 abgeschlossen sein. Doch weil im Ukraine-Krieg die russischen Gaslieferungen versiegten und die Energiepreise in die Höhe schossen, beschloss die «Ampel»-Regierung aus Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen einen «Streckbetrieb» bis zum 15. April.

Die drei Reaktoren steuerten im vorigen Jahr noch gut sechs Prozent zur deutschen Stromerzeugung bei. Anfang des Jahrhunderts waren es bei 19 Meilern noch gut 25 Prozent Atomstrom.

Das erste Kernkraftwerk in Deutschland – Kahl in Bayern – hatte 1962 den Betrieb aufgenommen, damals noch als Fortschrittssymbol. Widerstand gegen den Bau von AKWs regte sich erst seit den 70er Jahren.

Gewalttätige AKW-Proteste

Massive und zum Teil auch gewalttätige Proteste wie in Brokdorf (Schleswig-Holstein) oder Grohnde (Niedersachsen) gingen in die Geschichte der Bundesrepublik ein. Pläne für eine Wiederaufarbeitungsanlage in Gorleben (Niedersachsen) oder in Wackersdorf (Bayern) scheiterten am Widerstand der Bürger.

Aus der deutschen Anti-AKW-Bewegung gingen die Grünen hervor, die 1983 in den Bundestag einzogen. Nach dem Reaktorunfall im damals sowjetischen Tschernobyl 1986 schwenkten auch die einst atombegeisterten Sozialdemokraten ins Lager der Gegner um.

Als SPD und Grüne 1998 die Bundestagswahl gewannen und SPD-Mann Gerhard Schröder CDU-Kanzler Helmut Kohl ablöste, beschloss Rot-Grün den Atomausstieg. Der Neubau von Atomkraftwerken wurde verboten und die Laufzeit aller vorhandenen Anlagen auf je 32 Jahre begrenzt. Anfang der 2020er Jahre sollte Schluss sein.

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