Hotelbranche rechnet mit längerfristigen Problemen

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Deutschland,

Der Hotelbranche kämpft seit zwei Jahren mit grossen Schwierigkeiten. Wird mit abnehmenden Infektionszahlen alles wieder gut? Es sieht eher nicht so aus. Manche Probleme könnten noch lange bleiben.

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Die Hotelbranche litt unter den Folgen der Pandemie. Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Hotellerie gehört zu den Branchen, die die Pandemie am stärksten getroffen hat.

Fast zwei Jahre nach den ersten Lockdown-Massnahmen gibt es noch immer kaum Hoffnung auf eine schnelle Rückkehr zu den alten Zahlen.

«Wir bewegen uns auch nach 24 Monaten Pandemie in völliger Unsicherheit und haben keinerlei Steuerungsinstrumente, um uns auf etwas vorzubereiten», sagt Otto Lindner, Vorstand der Lindner-Hotelgruppe in Düsseldorf. «Wenn mich Mitarbeiter nach der Dauer der Kurzarbeit fragen, kann ich keine klaren Antworten geben.» Keine Planungsparameter zu haben, sei eine extreme Belastung.

«Die Verunsicherung der Business-Gäste ist das grösste Problem», sagt Lindner, der auch Vorsitzender des Hotelverbands Deutschland ist. «Wir leben im Augenblick weitgehend von touristischen Reisen.» Geschäftsreisen, Tagungen, Konferenzen und Messen seien fürs erste Quartal komplett gestrichen.

Dem Statistischen Bundesamt zufolge lag die Zahl der Übernachtungen 2021 mit 310,3 Millionen um 37,4 Prozent unter dem Niveau des Vorkrisenjahres 2019. Gegenüber 2020 gab es ein Plus von 2,7 Prozent. Nach Einschätzung von Dorint-Aufsichtsratschef Dirk Iserlohe war die Pandemie die schlimmste Krise der Hotellerie der vergangenen Jahrzehnte. «Für unsere Branche ist nur noch der Krieg schlimmer.»

«Wir sind im Moment bei einer Belegung von etwa 25 Prozent. Damit verdient man weder die Gehälter noch die Fixkosten», so der Chef der Dorint-Hotels mit Sitz in Köln. «Die Kosten steigen durch die Inflation weiter an, so dass in diesem ersten Quartal mit einem grossen Verlust gerechnet werden muss.»

Iserlohe geht davon aus, dass zunächst der Binnen-Tourismus wieder auf dem Niveau von 2019 anspringen wird - und vermutlich sogar darüber. «Als nächstes werden die privaten Veranstaltungen folgen», sagt er. «Danach werden auch wieder die Messen folgen und ganz zum Schluss internationale, interkontinentale Businessreisen wieder stattfinden.» Insgesamt an das Niveau von 2019 ranzukommen, sei noch nicht zu schaffen. «2022 ist ein verlorenes Jahr.» Die Branche sieht er erst 2024 wieder auf dem Stand vor der Pandemie.

Die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Ingrid Hartges, sieht die Lage als dramatisch an. «Das betrifft vor allem die Stadt- und Tagungshotellerie.» Laut einer Dehoga-Umfrage unter mehr als 7000 Mitgliedern im Januar gab es für die Tagungshotellerie verglichen mit Januar 2019 ein Minus von 59 Prozent, bei der Ferienhotellerie von rund 40 Prozent.

Hartges sieht die Chance, dass die Nachfrage vor allem im touristischen Bereich ab April wieder anzieht. «In einzelnen Sommermonaten wird es möglich sein, wieder an das Umsatzniveau von 2019 heranzukommen.» Die Entwicklung im Geschäftsbereich sei von vielen Faktoren abhängig. «Aber auch da bin optimistisch, dass wir ab April wieder einen relevanten Anstieg von Familienfeiern, Tagungen und auch grösseren Veranstaltungen erleben werden.» Der Dehoga rechnet damit, dass die Umsätze 2023 auf dem Niveau von 2019 sind.

Auch aus Sicht der Hotelkette Motel One war der Start ins Jahr verhalten. «Messen und Events wurden Anfang des Jahres verschoben oder abgesagt.» Die Pandemie behindere auch das geschäftliche Reisen, erklärt das Unternehmen. «Stand heute rechnen wir frühestens 2024 damit, in etwa das Vor-Pandemie-Niveau wieder zu erreichen.»

Auch international hoffen Hotelbetreiber auf eine schnelle Besserung der Lage. «Wir sind optimistisch, dass sich die Erholung 2022 durch alle Geschäftsbereiche hinweg beschleunigt», erklärte etwa Hilton-Chef Christopher Nassetta am Mittwoch. Der Konzern konnte wie der Rivale Marriott im abgelaufenen Quartal einen Gewinn vorweisen, während Ende 2020 bei beiden Betreibern rote Zahlen standen.

Marcus Bernhardt, Chef der Deutschen Hospitality, zu der die Steigenberger-Hotels gehören, erwartet eine starke Nachfrage, sobald die coronabedingten Restriktionen gelockert werden. «Die Buchungen 2022 entwickeln sich in den ersten Wochen besser als vorhergesagt.» Das Bedürfnis, sich wieder zu treffen und zu reisen, sei überall spürbar. «Wir gehen davon aus, dass die Deutsche Hospitality mit Ende des Jahres 2023 wieder die Zahlen aus dem Vor-Pandemie Jahr 2019 erwirtschaften sollte.»

«Ob wir 2023 wieder auf Vor-Pandemie-Niveau sind?» Lindner ist sich nicht sicher. «Ich glaube, dass wir die Chance haben, 2023 an das Niveau von 2018 anzuknüpfen und 2024 an das von 2019», sagt er. Es gebe bei Tagungen, Konferenzen und Veranstaltungen ab März eine deutliche Zunahme der Nachfrage, die aber «extrem vulnerabel» sei. «Wenn die Pandemiebeschränkungen nicht aufgehoben werden, dann verschiebt sich das immer weiter nach hinten.»

Die Kalender für die grossen Messen seien für das zweite Halbjahr voll. «Die Herausforderung für die Messestandorte ist, überhaupt noch freie Termine zu finden und dies zu organisieren». Ein Problem ist aus Lindners Sicht - wie in anderen Branchen - der Personalmangel. Etwa zehn Prozent der sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiter hätten Hotellerie und Gastronomie in der Krise verlassen. «Bei den Aushilfen sieht es weitaus dramatischer aus.»

Dorint-Aufseher Iserlohe nennt Personalschwund, steigende Energiekosten und Reparaturstau als Herausforderungen für die Hotellerie. «Das Personalthema wird sicherlich in Verbindung mit den Personalkostensteigerungen das grösste Problem der Branche werden.»

Fachkräfte wanderten in andere Branchen ab. Gewerkschaften und Mitarbeiter verlangten berechtigterweise Gehaltserhöhungen. «Wenn wir dem Umsatz nicht ausbauen können, können wir die Gehaltsforderungen nicht bezahlen», sagt Iserlohe. «Die Margen sind zu gering, um Investitionen in Renovierung, Restaurierung, Nachhaltigkeit und auch die Tariferhöhung finanzieren zu können.»

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