Die weltweite Anzahl der Flüchtlinge hat massiv zugenommen. Filippo Grandi, Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, zeigt sich besorgt.
hoher flüchtlingskommissar der vereinten nationen
Eine Gruppe unbegleiteter Kinder aus überfüllten griechischen Flüchtlingslagern tragen Schutzmasken, während sie mit einer Fähre im Hafen von Piräus ankommen. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Krieg, Gewalt und Verfolgung treiben immer mehr Menschen in die Flucht.
  • Heute sind mehr Menschen auf der Flucht als je zuvor.
  • Ende 2019 gab es einen neuen Rekord von 79,5 Millionen Flüchtigen weltweit.

Immer mehr Menschen sind auf der Flucht, immer weniger können heimkehren. Daran sind auch Länder Schuld, die in Konflikten mitmischen, Lösungen und damit die Rückkehr der Geflohnen verhindern, sagt das UNHCR. Und die Corona-Krise macht alles noch schlimmer.

Ende 2019 gab es einen neuen Rekord mit 79,5 Millionen Vertriebenen. Das waren fast neun Millionen mehr als ein Jahr zuvor, wie das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) in Genf berichtete.

Schuld an der Misere seien auch Länder, die sich in Konflikte einmischten und damit Friedenslösungen verhinderten. Dies kritisierte UNHCR-Chef Filippo Grandi, Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen. So könnten keine Bedingungen für die Rückkehr der Flüchtlinge geschaffen werden.

Corona-Krise verschärft Flüchtlingskrise

Die Corona-Krise und die damit verbundene wachsende Armut dürfte die Flucht auch Richtung Europa verstärken, meinte er: «Ich habe keinen Zweifel, dass die wachsende Armut und die Fortsetzung von Konflikten zu mehr Bevölkerungsbewegungen führen wird. In den Regionen und darüber hinaus, nach Europa etwa.»

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Filippo Grandi, Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR), spricht auf einer Pressekonferenz zum Jahresbericht UNHCR Global Trends im europäischen Hauptsitz der Vereinten Nationen. Die Coronakrise und die damit verbundene Armut betroffener Bevölkerungen dürfte die Flucht Richtung Europa verstärken, sagte UNHCR-Chef Grandi. - dpa

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International stellte Europa an den Pranger. Immer weniger Länder seien bereit, Schutzbedürftige aufzunehmen, sagte die Expertin für Asylpolitik, Franziska Vilmar. Katastrophal sei die Lage auf den griechischen Inseln, die Menschen würden nicht wie versprochen umverteilt: «Das ist eine Bankrotterklärung für den gemeinsamen Flüchtlingsschutz in Europa.»

Menschen auf der Flucht seien besonders hart von der Corona-Pandemie getroffen, sagte Bundesentwicklungsminister Gerd Müller den Zeitungen der Funke Mediengruppe: «Durch Grenzschliessungen können viele von ihnen kein sicheres Aufnahmeland mehr erreichen - Menschenhändler profitieren auf abscheuliche Weise davon.»

Schutz auch in Corona-Zeiten gewährleistet

Geflüchtete müssten auch in Corona-Zeiten geschützt werden, forderte der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Peter Neher. «Die Möglichkeit auf Einreise in den Nachbarstaat, um das Leben zu retten, darf nicht einfach Corona-Massnahmen geopfert werden», sagte er.

Etwa 15 Prozent der Menschen auf der Flucht hätten Behinderungen und seien besonders schutzbedürftig. Dies meinte die Geschäftsführerin von Handicap International Deutschland, Inez Kipfer-Didavi: «Angesichts der Ausbreitung des Coronavirus sehen wir, dass lokale Gemeinden schnell Flüchtlinge ablehnen, besonders, wenn sie eine Behinderung haben.»

Die neuen Zahlen sind ein Rekord in der fast 70-jährigen Geschichte des UNHCR. Die Zahl der Vertriebenen hat sich von 2010 mit gut 40 Millionen bis 2019 fast verdoppelt. Im vergangenen Jahr blieb zwar die Zahl der Flüchtlinge ausserhalb des eigenen Landes mit 26 Millionen praktisch konstant.

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