Tage dauerte es, bis sich Kremlchef Wladimir Putin erstmals selbst angesichts des Terrors der radikalislamischen Hamas gegen Israel zu Wort meldete.
Putin
HANDOUT - Traditionell unterhält Russland enge Kontakte zu Israel, aber auch zu den Palästinensern und sogar zur Hamas. - sda - Keystone/Pool Sputnik Kremlin/Sergei Guneyev

Ohne sich wie bei seinem eigenen Krieg gegen die Ukraine grossartig um die vielen zivilen Opfern zu scheren, holte Vladimir Putin gleich zur Schuldzuweisung an die USA aus, als er erstmals über Israel sprach: Washington sei gescheitert im Nahen Osten, weil es sich nur um seine Interessen kümmere – nicht etwa um die Rechte der Palästinenser, meinte Putin am Dienstag in Moskau. Fast 600 Tage nach Beginn seines Krieges gegen die Ukraine versucht der Kreml, seinen eigenen Nutzen aus dem Angriff der Hamas und der Reaktion Israels zu ziehen.

Dabei profitiert Russland schon jetzt davon, dass die Augen der Weltöffentlichkeit nun vor allem auf den Nahen Osten und weniger auf die Ukraine gerichtet sind. Staatsmedien frohlocken, dass die Krise im Nahen Osten dauerhaft zu höheren Ölpreisen führt, wodurch mehr Geld in den Haushalt komme. Je höher der Ölpreis, desto stabiler auch Rubel, der zuletzt im freien Fall war.

Russland hofft auf weniger Unterstützung für Ukraine

Vor allem aber betonen kremlnahe Experten, dass Russland im Grunde alles gelegen komme, was die USA davon ablenke, die Ukraine mit Waffen und Geld zu unterstützen. Die Hilfszusagen der USA und anderer Staaten für Israel befeuern nun auch Hoffnungen in Russland, dass die milliardenschwere Militärhilfe des Westens für die Ukraine noch schneller erlahmt als im Kreml erwartet.

Auch deshalb mahnte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bei seinem überraschenden Besuch im Nato-Hauptquartier am Mittwoch in Brüssel, mit der Hilfe nicht nachzulassen, um Russland in die Knie zu zwingen. Schon zuletzt verfolgte Kiew Diskussionen um weitere Hilfen etwa in Washington mit Sorge.

Selenskyj
Wolodymyr Selenskyj in Brüssel - POOL/AFP

Selenskyj braucht die internationale Aufmerksamkeit für den Krieg in seinem Land und für die russischen Gräueltaten, um Unterstützung zu mobilisieren. Nun müsse er wegen der Lage in Israel zurückstecken, wie russische Propagandisten hämisch meinten. Und: Jetzt fehle nur noch ein Krieg Chinas zur Eroberung Taiwans, um die Kräfte der USA zusätzlich zu binden, hiess es.

Rechtfertigung des beispiellosen islamistischen Terrors

Die Schadenfreude der Staatsmedien in Moskau richtete sich aber auch gegen die israelischen Geheimdienste, die versagt und die Hamas-Angriffe nicht vorhergesehen hätten. Russische Kriegsblogger ätzten zudem, Israel habe sich die Gewalt selbst zuzuschreiben, weil es die Rechte der Palästinenser seit Jahren unterdrückt habe. Es klang wie eine Rechtfertigung des beispiellosen islamistischen Terrors durch die Hamas gegen die israelische Zivilbevölkerung.

In Russland ruft der Kreml nach tagelangem Schweigen zu den blutigen Exzessen der Hamas inzwischen doch beide Seiten auch dazu auf, die Gewalt zu beenden – und bringt sich als Vermittler zwischen Israel und den Palästinensern ins Spiel. Putin selbst pochte bei öffentlichen Auftritten und Telefonaten mit ausländischen Kollegen darauf, dass eine Zweistaatenlösung im Nahen Osten umgesetzt werden müsse – für eine Wahrung der Rechte der Palästinenser.

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